Haftung börsennotierter Unternehmen
EuGH schränkt Forum Shopping für Anlegerklagen ein

Adeline Michoud
(Übersetzt von DeepL)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 12. Mai 2021 ein Urteil gefällt, in dem er die Gerichtsstände nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Brüssel Ia (Brüssel Ia-VO) für Anlegerklagen einschränkt. Nach Auffassung des EuGH können für diese Streitigkeiten nur die Gerichte des Staates angerufen werden, in dem eine börsennotierte Gesellschaft ihren gesetzlichen Informationspflichten nachkommen muss (C-709/19).
Im vorliegenden Fall hatte die Vereniging van Effectenbezitters (VEB), eine niederländische Aktionärsvereinigung, vor den Gerichten in Amsterdam gegen die Gesellschaft British Petroleum (BP) geklagt und ihr vorgeworfen, in Deutschland und im Vereinigten Königreich unrichtige und irreführende Informationen über die Ölpest im Golf von Mexiko im April 2010 veröffentlicht zu haben. Der VEB argumentierte, dass diese Offenlegung von BP zu einem Kursverfall der Aktien des Unternehmens geführt habe, was den Anlegern des VEB, die diese Aktien zwischen 2007 und 2010 über ein niederländisches Anlagekonto gekauft hatten, geschadet habe.
Der Oberste Gerichtshof der Niederlande hat dem EuGH mehrere Vorabentscheidungsfragen vorgelegt, um festzustellen, ob die niederländischen Gerichte für eine Sammelklage und für alle später eingereichten Einzelklagen der geschädigten Aktionäre zuständig sind. Das vorliegende Urteil des EuGH befasst sich daher mit den relevanten Kriterien für die Bestimmung des Ortes eines Schadens, der durch die Verletzung der Transparenzpflichten eines Emittenten gegenüber dem Markt verursacht wurde.
Die allgemeine Zuständigkeit gemäß der Brüssel-I-Verordnung wird gemäß Art. 4 der Brüssel-I-Verordnung bestimmt, der vorsieht, dass die Gerichte am Wohnsitz des Beklagten zuständig sind. Dennoch ermöglicht Art. 7 Abs. 2 der Brüssel-I-Verordnung, der die Regel des Gerichtsstands loci delicti festschreibt, die Eröffnung eines Gerichtsstands an dem Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.
In der Rechtssache Bier gegen Mines de Potasse aus dem Jahr 1976 hatte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften den Begriff „Ort des Schadenseintritts“ weit ausgelegt und anerkannt, dass er sowohl den Ort umfasst, an dem das schädigende Ereignis begangen wurde (auch „Handlungsort“ genannt), als auch den Ort, an dem die Auswirkungen des schädigenden Ereignisses zu spüren waren (der „Erfolgsort“). Dennoch wurde dieser Begriff des „Ortes des Schadenseintritts“ in der nachfolgenden Rechtsprechung schrittweise eingeschränkt, wie in diesem Urteil C-709/19 zu sehen ist.
Der EuGH betont hier den Grundsatz, dass die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 es erforderlich macht, dass eine enge Verbindung zwischen dem Ort des Schadenseintritts und dem Wohnsitz des Klägers hergestellt wird, um eine gewisse Vorhersehbarkeit zu fördern und zu verhindern, dass ein Beklagter vor den Gerichten eines Gerichts verklagt wird, bei dem er vernünftigerweise nicht damit rechnen konnte, verklagt zu werden.
Daher entschied der EuGH im vorliegenden Fall, dass BP keine Verpflichtung zur Offenlegung von Informationen in den Niederlanden hatte und dass das Unternehmen daher nicht damit rechnen konnte, vor den niederländischen Gerichten verklagt zu werden. Daher vertrat der EuGH die Auffassung, dass die bloße Lokalisierung eines Anlagekontos in einem Land nicht ausreicht, um eine enge Verbindung zu dieser Gerichtsbarkeit herzustellen und ihr die Zuständigkeit gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie über Insider-Geschäfte zu übertragen.
Diese Argumentation des EuGH erscheint fragwürdig. Denn im regulatorischen Kontext der Richtlinie 2004/109 über Transparenz und der Richtlinie 2003/6 über Marktmissbrauch (heute ersetzt durch die Verordnung 596/2014 über Marktmissbrauch) musste BP regelmäßig Informationen zur Verfügung stellen, die einen erheblichen Einfluss auf den Aktienkurs haben könnten. Zwar hatten damals nur die britischen und deutschen Behörden einen Mechanismus für diese Berichtspflichten eingerichtet. Dennoch waren diese Informationen nicht nur für die breite deutsche und englische Öffentlichkeit einsehbar. Tatsächlich waren diese im Internet verbreiteten Informationen gemäß den europäischen Verordnungen in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zugänglich.
Man kann sich daher fragen, warum der EuGH der Ansicht war, dass die Firma BP vernünftigerweise nicht vorhersehen konnte, dass die von ihr übermittelten Informationen nicht in der gesamten Europäischen Union veröffentlicht werden und Auswirkungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten haben könnten.
Diese strenge Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/49/EG wurde in den letzten Jahren in der Rechtsprechung des EuGH schrittweise weiterentwickelt. Im Rahmen der Urteile Marinari (C-364/93), Kronhofer (C-168/02), Universal Music International Holding (C-12/15) und Löber (C-304/17) hatte der EuGH bereits festgestellt, dass der Begriff des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, nicht so weit ausgelegt werden kann, dass er jeden Ort umfasst, an dem die schädlichen Folgen eines Umstands spürbar sind, der einen Schaden verursacht hat, der tatsächlich an einem anderen Ort eingetreten ist.
In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung bestätigt der EuGH hier also seine restriktive Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG im Zusammenhang mit finanziellen Verlusten und bevorzugt den Wunsch, Forum Shopping durch die verschiedenen europäischen Gerichtsbarkeiten zu vermeiden.