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Veröffentlichungsverbot

Sind die Protokolle des Verwaltungsrats schutzwürdig ?

(Übersetzt von DeepL)

Welchen Verfahrensschutz kann den Protokollen des Verwaltungsrats (und anderen internen Informationen) einer Bank gewährt werden ? Im BGE 148 III 84 (4A_58/2021) präzisiert das Bundesgericht die Reichweite der Massnahmen, die ein Zivilgericht anordnen kann, um die schutzwürdigen Interessen einer Partei zu wahren.

Eine Gesellschaft aus Guernsey verklagt eine Schweizer Bank auf Schadenersatz vor dem Zürcher Handelsgericht. In ihrer Klageantwort beantragt die Bank, der Gesellschaft unter Androhung der Strafe nach Art. 292 StGB zu verbieten, verschiedene in ihrer Klageantwort und in den vorgelegten Unterlagen enthaltene Informationen an Dritte weiterzugeben. Es handelt sich insbesondere um Protokolle des Verwaltungsrats, eines Verwaltungsratsausschusses und des Prüfungsausschusses sowie um verschiedene interne E-Mails und Berichte, insbesondere im Zusammenhang mit der Strategie, die in Bezug auf den Rechtsstreit mit dem amerikanischen Department of Justice (DoJ) zu verfolgen ist.

Das Handelsgericht weist den Antrag der Bank ab. Die Bank habe nicht nur nicht ausreichend dargelegt, dass ihre schutzwürdigen Interessen konkret gefährdet seien, sondern auch, dass die beantragte Maßnahme unverhältnismäßig sei. Daraufhin geht die Bank vor Bundesgericht.

Gemäß Art. 156 ZPO ordnet das Gericht die Massnahmen an, die geeignet sind, eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Parteien oder Dritter, insbesondere von Geschäftsgeheimnissen, durch die Beweisaufnahme zu vermeiden.

Erstens : Hat die Bank ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 156 ZPO ?

Mit ihrem Antrag will sich die Bank vor dem Reputationsrisiko schützen, das ihr droht, wenn die in ihrer Antwort erteilten Auskünfte veröffentlicht werden oder unbefugte Dritte davon Kenntnis erlangen könnten.

Das Bundesgericht betont, dass diese Informationen die interne Willensbildung der Bank über einen langen Zeitraum (mehrere Monate) betreffen. Da sie insbesondere Informationen über die mit dem DoJ vereinbarte Strategie enthalten, liegt es auf der Hand, dass sie für Dritte potenziell sehr interessant sein könnten. Die Tatsache, dass die Bank börsennotiert ist und daher Transparenzanforderungen unterliegt, schränkt ihr Recht auf Schutz der Willensbildung nicht ein. Im Gegenteil, viele Informationen über sie sind bereits öffentlich. Es wäre daher noch einfacher, die Informationen im Zusammenhang mit der internen Willensbildung mit den öffentlichen Informationen abzugleichen.

Daher hat die Bank ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 156 ZPO.

Um über die Begründetheit des Antrags der Bank zu entscheiden, muss das Bundesgericht die folgenden fünf Grundsatzfragen klären :

  1. Erlaubt Art. 156 ZPO dem Gericht, ein Offenlegungsverbot (unter Androhung der in Art. 292 StGB vorgesehenen Strafe) auszusprechen ?
  2. Kann dieses Verbot nach Abschluss des Verfahrens fortbestehen ?
  3. Kann sich dieses Verbot auch auf die Schriftsätze und nicht nur auf die Beweismittel beziehen ?
  4. Muss die Partei, die sich auf die Gewährung dieses Verbots beruft, eine konkrete Gefährdung ihrer schutzwürdigen Interessen geltend machen, oder reicht eine abstrakte Gefährdung aus ?
  5. Welcher Beweisgrad ist erforderlich, um das Vorliegen einer solchen Gefährdung anzunehmen ?

Nach Prüfung der verschiedenen Lehrmeinungen ist das Bundesgericht der Ansicht, dass Art. 156 ZPO es dem Gericht ermöglicht, ein Verbreitungsverbot (unter Androhung der in Art. 292 StGB vorgesehenen Strafe) auszusprechen (1), dass dieses Verbot jedoch nicht über das Verfahren hinaus andauern kann (2).

Darüber hinaus bezieht sich Art. 156 ZPO grundsätzlich auf Beweise und nicht auf Schriftsätze. Allerdings ist es möglich, dass bestimmte Titel in den Schriftsätzen detailliert beschrieben oder sogar zitiert werden. Der Schutz von Art. 156 ZPO muss daher ausnahmsweise auf die Schriftsätze der Parteien ausgedehnt werden können (3).

In Bezug auf das Risiko und seinen Nachweis ist das Bundesgericht der Ansicht, dass ein theoretisches Risiko nicht ausreicht. Die klagende Partei muss daher das Vorliegen einer konkreten Gefährdung ihrer schutzwürdigen Interessen geltend machen (4). Schließlich reicht es aus, das Vorliegen eines solchen Risikos glaubhaft zu machen. Ein strenger Beweis ist daher nicht erforderlich (5).

Im vorliegenden Fall hat die Bank das Bestehen eines Reputationsrisikos geltend gemacht. Sie hat auch den Reputationsschaden glaubhaft gemacht, der sich aus der Veröffentlichung der Informationen ergeben würde, auf die sich ihr Schutzantrag bezieht.

In einem letzten Schritt der Argumentation prüft das Bundesgericht die Verhältnismäßigkeit der von der Bank beantragten Maßnahme. Das Handelsgericht war der Ansicht, dass das Schwärzen verhältnismäßiger sei als das Verbreitungsverbot mit Androhung von Art. 292 StGB. Das Bundesgericht teilt diese Ansicht nicht. Denn im Gegensatz zum Schwärzen schränkt das Verbreitungsverbot das Recht der Gegenpartei auf Anhörung nicht ein. Darüber hinaus können die von der Bank vorgelegten Dokumente nicht vollständig geschwärzt werden, ohne ihren Beweiswert zu verlieren.

Ohne die von der Bank geforderte Maßnahme wäre die Bank also in folgendes Dilemma geraten : Entweder sie erklärt sich bereit, Informationen preiszugeben (und damit ihre schutzwürdigen Interessen zu gefährden), oder sie wird in ihrer Verteidigung gegen die Schadensersatzforderung des Unternehmens erheblich eingeschränkt.

Daher gibt das Bundesgericht der Klage statt und verbietet der klagenden Gesellschaft, vertrauliche Informationen während des Verfahrens an Dritte (mit Ausnahme von Sachverständigen und anderen Hilfspersonen) weiterzugeben.

Dieses Grundsatzurteil bringt zahlreiche Klarstellungen zur Tragweite von Art. 156 ZPO, insbesondere, dass die vom Gericht in Anwendung dieses Art. 156 ZPO angeordneten Maßnahmen auf die Dauer des Verfahrens beschränkt sind. Im vorliegenden Fall wird die Bank wahrscheinlich prüfen müssen, ob ihr andere Rechtsmittel zur Verfügung stehen, um die Offenlegung vertraulicher Informationen nach dem Verfahren zu verhindern.