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Informationspflicht gegenüber Dritten

Bundesgericht gibt der ESTV (erneut) Recht

(Übersetzt von DeepL)

Muss die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) Personen, die von einem internationalen Amtshilfegesuch betroffen, aber nicht direkt betroffen sind (sog. „Dritte“), von Amtes wegen informieren ?

Vielleicht haben Sie beim Lesen dieser Frage ein „Déjà-vu“. Und das zu Recht. Die Pflicht der ESTV, Dritte zu informieren, war bereits Gegenstand mehrerer Entscheidungen, die auf dieser Website kommentiert wurden (vgl. not. BGE 143 II 506, kommentiert in cdbf.ch/982/ und 2C_310/2020, kommentiert in cdbf.ch/1169/).

Mit dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 2C_825/2019 (BGE 148 II 349) entscheidet das Bundesgericht über die einleitende Frage und schliesst ein Verfahren ab, das 2017 vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) gegen die ESTV eröffnet wurde.

Das Verfahren hatte seinen Ursprung, als der EDÖB erfuhr, dass die ESTV die Namen von Hunderten von Personen (die als Dritte gelten) an den Internal Revenue Service der Vereinigten Staaten (IRS) weitergegeben haben soll, ohne diese vorher zu informieren. Das vom Beauftragten angerufene Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) bestätigt die Praxis der ESTV, Dritte nicht systematisch zu informieren. Auf Beschwerde hin vertritt das Bundesverwaltungsgericht hingegen die Auffassung, dass Dritte in Anwendung des Steueramtshilfegesetzes (StAhiG) informiert werden müssen.

Während das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht sistiert ist, erlässt das Bundesgericht BGE 146 I 172 (kommentiert in LawInside.ch/949/), in welchem es die Informationspflicht der ESTV zugunsten von Dritten (Art. 14 Abs. 2 BStatG) einschränkt, wenn deren Beschwerdeberechtigung „offensichtlich“ ist.

Nachdem das Bundesgericht insbesondere in BGE 146 I 172 auf die Informationspflicht der ESTV gegenüber Dritten unter dem Gesichtspunkt des BGFA hingewiesen hat, befasst es sich in seinem Urteil 2C_825/2019 diesmal ausschliesslich mit der Informationspflicht gegenüber Dritten in Anwendung des Datenschutzgesetzes (DSG). Es prüft somit, ob Dritte, deren Personendaten an eine ausländische Behörde weitergegeben werden sollen, in Anwendung des DSG über diese Weitergabe informiert werden müssen.

Art. 4 Abs. 4 DSG sieht vor, dass „die Erhebung von Personendaten und insbesondere der Zweck der Bearbeitung für die betroffene Person erkennbar sein müssen“. Art. 18a Abs. 1 DSG konkretisiert diesen Grundsatz der Erkennbarkeit, indem es den Bundesorganen eine Pflicht auferlegt, „die betroffene Person über jede sie betreffende Datenbeschaffung zu informieren“. Allerdings schränkt Art. 18a Abs. 4 DSG diese Pflicht ein, wenn die Weitergabe der Daten ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist.

Das FZA sieht jedoch vor, dass Daten von Dritten an die ausländische Behörde weitergegeben werden (Art. 4 Abs. 3 FZA) und unter welchen Bedingungen sie darüber informiert werden müssen (Art. 14 Abs. 2 FZA). Da die Datenbekanntgabe im Bereich der internationalen Amtshilfe in die Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 13 Abs. 2 BV) eingreift, prüft das Bundesgericht noch, ob der Eingriff in dieses Grundrecht hinreichend bestimmt ist.

Ob eine Norm, die das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung einschränkt, hinreichend genau ist, bemisst sich nach der Schwere des Eingriffs, insbesondere nach der Art der Daten. Nun sind Daten über eine Bankbeziehung grundsätzlich keine besonders schützenswerten Daten im Sinne des DSG (Art. 3 Bst. c DSG), was der EGMR bereits festgestellt hat (G.S.B. v. Switzerland, Zusammenfassung in LawInside.ch/144).

Da die Bekanntgabe von Daten Dritter ins Ausland (i) ausdrücklich im AIAG vorgesehen ist und dies (ii) in hinreichend präziser Weise, erlischt die in Art. 18a Abs. 1 DSG vorgesehene Pflicht zur Information der betroffenen Personen gemäss Art. 18a Abs. 4 DSG.

Somit muss die ESTV Dritte nicht gemäss DSG informieren. Das Bundesgericht heisst daher die Beschwerde gut und bestätigt den oben erwähnten Entscheid des EFD.

Das neue DSG, das am 1. September 2023 in Kraft tritt, wird voraussichtlich keine Änderung dieser Praxis bringen, da die Informationspflicht eines Bundesorgans (und die sich daraus ergebenden Ausnahmen) mehrheitlich unverändert bleiben (Art. 19-20 nDSG).

Das Fehlen einer Informationspflicht gegenüber Dritten scheint nunmehr die Regel zu sein, sowohl unter dem Gesichtspunkt des UVG als auch des DSG. Die Argumentation des Bundesgerichts stützt sich jedoch auf den wenig sensiblen Charakter der übermittelten Daten. Es kann daher weiterhin argumentiert werden, dass je nach Sensibilität der betreffenden Daten die Ausnahme nach Art. 18a Abs. 4 Bst. a DSG nicht gilt. Die Ausnahme nach Art. 18a Abs. 4 lit. b DSG, die das Bundesgericht in diesem Urteil ausdrücklich offen gelassen hat, könnte jedoch unabhängig von der Sensibilität der Daten immer noch Anwendung finden.

Unserer Ansicht nach sollten Dritte, die befürchten, dass ihre Daten von der ESTV an eine ausländische Behörde weitergegeben werden, ein Zivilverfahren anstrengen, um dem Dateninhaber (insbesondere den Banken) die Weitergabe ihrer Daten ins Ausland zu untersagen. Sie können dann der ESTV das Urteil mitteilen, um aufgrund ihrer „offensichtlichen“ Beschwerdelegitimation als „vorkonstituierte Partei“ zu gelten, und müssen daher vor jeder Übermittlung informiert werden (vgl. 2C_310/2020 kommentiert in cdbf.ch/1169/). Dieses Vorgehen lässt jedoch Skepsis hinsichtlich des Grundsatzes der Verfahrensökonomie aufkommen.