Internationale Sanktionen
Verweigerung der Ausführung einer Kundenanweisung

Sébastien Pittet
(Übersetzt von DeepL)
In einem Urteil vom 6. August 2021 (4A_659/2020) hat das Bundesgericht die Fälle präzisiert, in denen sich eine Bank auf internationale Sanktionen berufen kann, die in der Schweiz nicht anerkannt sind, um die Ausführung einer Kundenanweisung zu verweigern.
Am 6. August 2013 eröffnet eine panamaische Gesellschaft ein Bankkonto bei einer Schweizer Bank. An der Spitze der Beteiligungskette der Gesellschaft steht Herr Viktor Vekselberg, der die Gesellschaft indirekt kontrolliert. Darüber hinaus gibt die Gesellschaft an, dass Herr Viktor Vekselberg der wirtschaftlich Berechtigte des Kontos ist. Im Laufe der Geschäftsbeziehung gewährt die Bank der Gesellschaft ein Darlehen in Höhe von 160 Millionen USD, das durch Wertpapiere im Wert von rund 465 Millionen USD besichert ist.
Im Jahr 2014 verhängten die Vereinigten Staaten Sanktionen gegen Russland, die eine Sperrung der Vermögenswerte bestimmter benannter russischer Personen (die Specially Designated Nationals and Blocked Persons oder „SDN“) vorsahen. Betroffen sind Vermögenswerte, deren Eigentümer die SDN sind oder an denen sie eine interest in property haben. Diese Sanktionen sehen auch sogenannte „sekundäre“ Sanktionen gegen nicht-amerikanische Finanzinstitute vor, die absichtlich „bedeutende Transaktionen“ für eine SDN durchführen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Sanktionen drohen den Finanzinstituten Geldstrafen sowie die Möglichkeit, von den US-Finanzmärkten ausgeschlossen zu werden. Am 6. April 2018 veröffentlicht das Office of Foreign Assets Control eine Liste der SDN, auf der Herr Viktor Vekselberg, aber nicht das Unternehmen aufgeführt ist.
Weniger als drei Wochen später fordert das Unternehmen die Bank auf, einen Teil seiner (in USD denominierten) A-Wertpapiere zu verkaufen, um seinen Kredit zurückzuzahlen. Die Bank weigert sich, diese Transaktion auszuführen, mit der Begründung, dass die von den USA verhängten Sanktionen es ihr verbieten, Transaktionen in USD mit dem Unternehmen durchzuführen. Die Bank teilt dem Unternehmen daraufhin mit, dass das Darlehen (das nach seiner Fälligkeit in einen (negativen) Kontokorrent-Saldo umgewandelt wurde) nicht mehr durch verpfändete Vermögenswerte (Margenausgleich) gedeckt ist und dass Wertpapiere der Kategorie „B“ (nicht in USD denominiert) liquidiert werden, um die Forderung der Bank zu begleichen.
Das Unternehmen reichte daraufhin beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage ein und forderte das Gericht auf, die Bank anzuweisen, (i) die auf USD lautenden „A“-Wertpapiere zu verkaufen, (ii) das Darlehen mit dem Erlös aus dieser Veräußerung zurückzuzahlen und (iii) dem Unternehmen Zinsen (die von der Bank erhoben wurden) in Höhe von rund 700.000 USD zu erstatten.
Das Bundesgericht befasst sich hauptsächlich mit zwei Fragen : (i) Unterliegen die Vermögenswerte des Unternehmens den US-Sanktionen, da es selbst kein SDN ist ? Und falls ja, (ii) hat die Bank die Möglichkeit, sich auf die US-Sanktionen zu berufen, da diese von der Schweiz nicht anerkannt wurden ?
In Bezug auf die erste Frage ist das Bundesgericht der Ansicht, dass die Vermögenswerte der Gesellschaft bei der Bank tatsächlich ein Interest in Property von Herrn Viktor Vekselberg darstellen, da (i) dieser als wirtschaftlich Berechtigter des Kontos benannt wurde und (ii) er gemäß der rechtlichen Struktur des Konzerns der letztendliche wirtschaftliche Eigentümer der Vermögenswerte der Gesellschaft war. Darüber hinaus muss die strittige Transaktion als „wichtige Transaktion“ eingestuft werden. Daher unterliegen die Vermögenswerte der Gesellschaft Sanktionen, und die Ausführung der Transaktion hätte die Bank Sekundärsanktionen aussetzen können.
In Bezug auf die zweite Frage ist das Bundesgericht der Ansicht, dass sich die Bank auf die folgende Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen konnte, um die Ausführung der Transaktion zu verweigern :
„the Bank may refuse orders which do not correspond with the regulations or standard practices in place at exchanges or other trading centers „.
Nach Ansicht des Bundesgerichts hatte die Bank somit ein vertragliches Recht, die Ausführung der Transaktion zu verweigern, unabhängig davon, ob die Sanktionen in der Schweiz anerkannt wurden (oder nicht).
In der kantonalen Entscheidung (deren Dispositiv durch das hier zusammengefasste Urteil bestätigt wurde) erwog das Handelsgericht zwei weitere Rechtsgrundlagen, die es der Bank ermöglichten, die Ausführung der Anweisung des Kunden auszusetzen :
- Das Handelsgericht (Handelsgerichtshof) ist der Ansicht, dass es in einem Mandatsvertrag keinen Anspruch auf Vertragserfüllung gibt, wenn die Anweisungen des Auftraggebers den Beauftragten in eine unangemessen komplizierte Lage bringen (was im vorliegenden Fall angesichts des Risikos einer Verletzung der US-Sanktionen der Fall war). Daher hat die Bank ein gesetzliches (und nicht vertragliches) Recht, das sich direkt aus dem Obligationenrecht ableitet, die Ausführung der Transaktion abzulehnen.
- Darüber hinaus erinnert das Handelsgericht daran, dass die FINMA bei der Prüfung der Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit (Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG) insbesondere die Einhaltung ausländischen Rechts berücksichtigt. Insbesondere stellt das Handelsgericht fest, dass der Finanzintermediär gemäß der Stellungnahme der FINMA zu den Risiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft verpflichtet ist, geeignete Maßnahmen zur Minimierung und Beseitigung von Rechts- und Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Geschäft zu ergreifen. Folglich hat die Bank ein gesetzliches Recht, diesmal aufgrund des öffentlichen Rechts und insbesondere des Aufsichtsrechts, die Ausführung der Transaktion zu verweigern.
Beide Argumente wurden vom Bundesgericht nicht behandelt, da es der Ansicht war, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine ausreichende Grundlage für die Bank darstellten, die Ausführung der Transaktion zu verweigern. Dieses Urteil zeigt daher, wie wichtig es ist, diese Frage im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit dem Kunden zu klären, typischerweise durch die Aufnahme einer ad hoc-Klausel in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.