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Margin Call

Res iudicata eines ersten Urteils und die anschließende Teilklage auf Schadensersatz

(Übersetzt von DeepL)

In einem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 4A_525/2021 präzisiert das Bundesgericht den Umfang der Rechtskraft eines ersten Urteils im Rahmen eines zweiten Prozesses über eine Teilklage auf Schadenersatz, die eine Kundin gegen ihre Bank erhoben hatte.

Infolge von Turbulenzen auf den Finanzmärkten im Jahr 2018 unterliegen die von einem Unternehmen bei einer Schweizer Bank gehaltenen Devisenpositionen erheblichen Wertschwankungen, was zu einer unzureichenden Deckung des Kontos führt. Am 10. August 2018 richtete die Bank eine Margin-Forderung an das Unternehmen, das dieser nicht nachkam. Die Bank kündigt die Bankbeziehung und liquidiert die Positionen des Unternehmens in Höhe von EUR 46’325’500. Der Saldo wird dem Kontokorrentkonto des Unternehmens belastet, das nun einen negativen Saldo von EUR 17’080’021.86 aufweist.

Am 28. April 2019 reicht die Bank beim Handelsgericht Zürich eine Zahlungsklage gegen die Gesellschaft ein. Sie beantragt die Auszahlung des negativen Saldos. Am 31. Januar 2020 erlässt das Handelsgericht ein Urteil, in dem es die Gesellschaft zur Zahlung des negativen Saldos verurteilt. Seiner Ansicht nach war das Unternehmen vertraglich verpflichtet, den Margenbedarf zu decken, und die Bank hatte das Recht, den Vertrag zu kündigen und die Positionen aufzulösen. Weder die Bank noch das Unternehmen legten gegen dieses erste Urteil Berufung ein, das somit rechtskräftig ist.

Im Rahmen einer späteren Teilklage reichte das Unternehmen beim Zürcher Handelsgericht eine Schadenersatzklage gegen die Bank ein. Sie war der Ansicht, dass die Bank bei der Festlegung der Rückkaufspreise für die Optionen gegen den Bankvertrag verstoßen habe. Ihrer Ansicht nach waren diese nicht marktkonform, weshalb sie die Positionen am 10. August 2018 nicht liquidieren konnte. Ebenfalls gemäss der Gesellschaft betrug der Preis der Optionen EUR 27’776’758.35, so dass die Gesellschaft einen Schaden von EUR 18’548’741.65 erlitten hat, was der Differenz zwischen EUR 46’325’500 und 27’776’758.35 entspricht. Dennoch beantragt das Unternehmen die Zahlung eines Betrags von EUR 90’003 mit Zinsen.

Die Bank erhebt die Einrede der Rechtskraft. Am 3. September 2021 erlässt das Handelsgericht aufgrund des ersten Urteils einen Nichteintretensentscheid.

Die Gesellschaft legt beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen ein. Sie wirft dem Zürcher Gericht vor, es sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Streitgegenstände der zweiten Teilklage und des ersten Urteils identisch seien, so dass das erste Urteil rechtskräftig sei.

Die Rechtskraft verbietet es jedem späteren Gericht, auf eine Klage einzutreten, deren Streitgegenstand mit demjenigen des rechtskräftigen Urteils identisch ist. Sie erstreckt sich auf den individualisierten Anspruch und schließt jegliche Streitigkeiten über die zum Zeitpunkt des Urteils bestehenden Tatsachen aus. Das Bundesgericht stellt fest, dass die Identität des Streitgegenstands im Hinblick auf seinen Inhalt beurteilt wird. Es werden zwei Kriterien geprüft, nämlich die Klagebegehren und der behauptete Tatsachenkomplex. Bei Geldforderungen muss auf die Klagebegründung Bezug genommen werden. So ist die Identität zwischen dem in der früheren Entscheidung entschiedenen Anspruch und dem mit der neuen Klage geltend gemachten Anspruch – die die Einrede der Rechtskraft begründet – nicht grammatikalisch, sondern materiell zu verstehen.

Um festzustellen, ob das erste Urteil rechtskräftig ist, befasst sich das Bundesgericht mit der Präklusionswirkung des ersten Urteils. Das Handelsgericht und die Bank sind der Ansicht, dass die Schadenersatzklage der Gesellschaft – als Einrede – im ersten Prozess hätte eingereicht werden müssen, da sie sonst verfallen würde, da sie eng mit dem ursprünglichen Zahlungsantrag der Bank verknüpft war. Das Bundesgericht erinnert daran, dass nur das Dispositiv eines Urteils rechtskräftig ist.

Obwohl die Schadenersatzklage thematisch mit dem ersten Urteil übereinstimmt, nämlich mit den Ereignissen im August 2018, macht sie dies nicht unzulässig. Zudem macht das Unternehmen einen unabhängigen Anspruch geltend, da das erste Urteil das Recht auf Erfüllung des Margin Call betrifft, während sich die zweite Klage auf die Verletzung der Pflichten der Bank bei der Festlegung der Rückkaufspreise der Optionen bezieht. Die res iudicata erstreckt sich daher nicht auf den letztgenannten Aspekt.

Schliesslich hält das Bundesgericht fest, dass man einer Partei im zweiten Prozess nicht vorwerfen kann, dass sie – unter Androhung der Verwirkung – im ersten Prozess eine Tatsache oder einen Einwand nicht vorgebracht hat, wenn dieses Verteidigungsmittel im ersten Prozess nicht relevant war. Diesbezüglich war die Bank in ihrer Klageschrift – im ersten Prozess – zu dem Schluss gekommen, dass die Frage der Verletzung ihrer vertraglichen Verpflichtungen nicht relevant sei, da allein die Tatsache ausschlaggebend sei, dass das Unternehmen dem Margin Call nicht nachgekommen sei. Folglich hätte diese Einrede nichts am Ausgang des ersten Prozesses geändert.

Daher heisst das Bundesgericht die Beschwerde der Gesellschaft gut und hält fest, dass die Tatsache, dass sie ihren Schadenersatzanspruch im ersten Prozess nicht durch Aufrechnung oder Widerklage geltend gemacht hat, ihr nicht zum Nachteil gereicht. Das erste Urteil steht der Teilklage der Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der res iudicata nicht entgegen (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO).

Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung des Klageantrags für die Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft. Obwohl ein Gericht den Margin Call als begründet anerkennt, kann ein Kunde zu einem späteren Zeitpunkt eine Schadenersatzklage einreichen. Die klagenden Banken – im Rahmen eines Margin Calls – sollten besonders auf die Schlussanträge achten, um einer späteren Schadenersatzklage entgegenzuwirken, und insbesondere einen negativen Feststellungsantrag stellen, dass keine Vertragsverletzung vorliegt. Letzteres würde jedoch den Streitgegenstand der Zahlungsklage erweitern.