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Internationale Rechtshilfe in Strafsachen

Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung über eine Ausgleichsforderung in der Schweiz

(Übersetzt von DeepL)

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil, das zur Veröffentlichung bestimmt ist, bestätigt das Bundesgericht, dass ein Rechtshilfeersuchen um Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung, die eine Sanktion verhängt, die in der Schweiz einer Ersatzforderung (Art. 71 StGB) entspricht, nur in Anwendung der Art. 94 ff. IRSG vollstreckt werden kann (BGer, 21.04.2023, 1C_624/2022).

Im Jahr 2011 ordnete die Zürcher Staatsanwaltschaft nach einem Rechtshilfeersuchen Belgiens die vorsorgliche Beschlagnahme der Bankguthaben eines Mannes namens Edouard bei der C. AG in der Schweiz an. Betroffen ist insbesondere ein Konto auf den Namen A. Inc., einer von Édouard kontrollierten Offshore-Gesellschaft.

2018 teilt eine belgische Staatsanwaltschaft den Schweizer Behörden mit, dass Édouard wegen Veruntreuung und Geldwäsche rechtskräftig verurteilt worden sei. Ein belgisches Berufungsgericht hielt es nämlich für erwiesen, dass Édouard zwischen 2001 und 2005 als Geschäftsführer einer Gesellschaft illegal Bargeld in Höhe von insgesamt rund EUR 4,5 Millionen aus dem Vermögen der Gesellschaft entnommen hatte. Anschliessend deponierte er das Bargeld auf Konten bei der C. AG in der Schweiz, darunter auch auf das Konto im Namen von A. Inc. Auf dieser Grundlage fordert Belgien von der Schweiz die Herausgabe der auf dem Konto von A. Inc. deponierten Vermögenswerte in Höhe von EUR 3’080’225.50 zur Einziehung und in Höhe von EUR 1’492’896.80 zur Tilgung einer Ausgleichsforderung des belgischen Staates.

Im Jahr 2020 erlässt die Zürcher Staatsanwaltschaft eine Schlussverfügung in Anwendung von Art. 74a IRSG, deren Dispositiv die Herausgabe der auf dem Konto der A. Inc. deponierten Vermögenswerte in Höhe von CHF 3’311’858 (= EUR 3’080’225.50) an Belgien zwecks Einziehung und in Höhe von CHF 1’605’163 (= EUR 1’492’896.80) zwecks Löschung der Ausgleichsforderung vorsieht.

Nachdem A. Inc. erfolglos beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingelegt hat, reicht sie beim Bundesgericht eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein. Insbesondere ficht sie die Herausgabe von Vermögenswerten an den belgischen Staat zur Tilgung der Ausgleichsforderung an.

Diesbezüglich stellt das Bundesgericht nach Prüfung der Voraussetzungen des Transparenzprinzips fest, dass zwischen Edouard und A. Inc. eine wirtschaftliche Identität besteht. Inc. Das Vermögen der Gesellschaft kann daher dazu dienen, die Schuld der natürlichen Person zu tilgen.

Die zentrale Frage ist sodann, ob die fehlende Erwähnung von „Ausgleichsforderungen“ in Art. 74a IRSG („Erlass im Hinblick auf Einziehung oder Rückerstattung“) ein qualifiziertes Schweigen oder eine eigentliche Lücke darstellt.

Diese Bestimmung, die vom Bundesgericht detailliert ausgelegt wird, sieht vor, dass die Schweiz nach Abschluss des Rechtshilfeverfahrens auf Ersuchen der ausländischen Behörde die vorsorglich beschlagnahmten Gegenstände oder Vermögenswerte zur Einziehung oder zur Rückgabe an den Berechtigten herausgeben muss.

Die wörtliche Auslegung führt die Bundesrichter zu der Feststellung, dass Ausgleichsforderungen nicht von der Bestimmung erfasst werden, deren Wortlaut sich in diesem Punkt als eindeutig erweist. In historischer Hinsicht legt unser Obergericht dar, dass es in den Vorarbeiten zur Verabschiedung der Norm keine aufschlussreichen Elemente gab.

Unter teleologischen Gesichtspunkten weist das Bundesgericht insbesondere darauf hin, dass die Übergabe von Vermögenswerten an einen ausländischen Staat zur Vollstreckung einer Ausgleichsforderung mittels Art. 74a IRSG den Grundsätzen des schweizerischen Zwangsvollstreckungsrechts widersprechen würde, da sie dem ausländischen Staat de facto ein Vorzugsrecht verleihen würde. Im Gegensatz dazu könnten die Rechte der Gläubiger im Rahmen eines Verfahrens zur Vollstreckung ausländischer Entscheidungen (Art. 94 ff. IRSG) gewahrt werden.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen hält das Bundesgericht fest, dass die fehlende Erwähnung der „Ausgleichsforderungen“ in Art. 74a IRSG ein qualifiziertes Schweigen darstellt. Die als Ausgleichsforderung geltend gemachten Guthaben können dem ersuchenden Staat auf diesem Weg nicht ausgehändigt werden.

Die Bundesrichter geben daher der Beschwerde von A. Inc. statt, soweit es um die Vollstreckung des Teils des belgischen Rechtshilfebeschlusses geht, der sich auf die Ausgleichsforderung bezieht. Sie stellen klar, dass die Angelegenheit in diesem Umfang an das Bundesamt für Justiz als zuständige Behörde für die Entscheidung über die Annahme des Antrags auf Vollstreckbarerklärung (Art. 103 f. IRSG) weitergeleitet werden muss.

Im kommentierten Urteil beschränkt sich das Bundesgericht darauf, nach einer ausführlichen und überzeugenden Argumentation seine Rechtsprechung zur Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung, mit der eine Ersatzforderung ausgesprochen wird, zu bestätigen (vgl. BGE 133 IV 215).

Es bleibt nun die Frage – und das Urteil lässt dies nicht erkennen -, wie die belgische Entscheidung, soweit sie die Ausgleichsforderung betrifft, in der Schweiz konkret vollstreckt wird. Die Bestimmungen des fünften Teils des IRSG über die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen scheinen für diesen Fall nicht vorgesehen zu sein (Art. 94 bis 106 IRSG). Nur eine (zu ?) extensive Lesart des Gesetzes wird es ermöglichen, die Besonderheiten der Ausgleichsforderung zu berücksichtigen.

Sobald die ausländische Entscheidung in der Schweiz für vollstreckbar erklärt wurde, ist klar, dass die ausländische Ausgleichsforderung auf dem Weg der Schuldbetreibung eingezogen werden muss, wie eine Ausgleichsforderung, die von einer Schweizer Strafbehörde ausgesprochen wurde (Art. 107 Abs. 1 IRSG in Verbindung mit Art. 71 Abs. 3 StGB und Art. 442 Abs. 1 StPO).

Andererseits stellt sich die Frage, welche Schweizer Behörde – oder der ausländische Staat direkt ? -, mit der Eintreibung der Forderung auf dem Weg der Schuldbetreibung beauftragt wird, beginnend mit dem Betreibungsbegehren (Art. 67 SchKG) oder, im Falle der Betreibung eines Schuldners mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland, mit einem Antrag auf Zivilarrest (Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG), um einen Betreibungsort in der Schweiz zu schaffen (Art. 52 SchKG). Das eingeführte Verfahren muss insbesondere der Tatsache Rechnung tragen, dass die eingezogene Geldsumme Gegenstand einer Teilungsvereinbarung zwischen Staaten sein kann (Art. 1, 2 Abs. 2 und 11 bis 15 GVPG).