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Automatischer Informationsaustausch

Bundesgericht schränkt Zugang zur Verwaltungsgerichtsbarkeit ein

(Übersetzt von DeepL)

Inwieweit kann eine Person, deren Daten Gegenstand eines automatischen Informationsaustauschs sind, von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) verlangen, dass sie einen anfechtbaren Rechtsakt erlässt ? Das Bundesgericht befasst sich mit dieser Frage zum ersten Mal im Urteil 2C_946/2021 vom 6. Juni 2023, das zur Veröffentlichung bestimmt ist.

Informationen über einen Trust und seine beiden Settlors (beide in Argentinien ansässig) werden im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen an die ESTV übermittelt. Da die Settlors der Ansicht sind, dass die Übermittlung der Informationen und deren mutmaßliche Flucht nach Argentinien sie persönlich gefährden würden, ersuchen sie die ESTV um eine beschwerdefähige Verfügung, um sich der Übermittlung zu widersetzen.

Der automatische Informationsaustausch ist ein materieller Akt : Grundsätzlich wird der Austausch ohne vorherige Verfügung der ESTV vollzogen. Art. 19 Abs. 2 Satz 2 AIA räumt jedoch einen Anspruch auf eine Verfügung aufgrund eines materiellen Aktes (Art. 25a VwVG) ein, wenn „die Datenübermittlung […] mangels rechtsstaatlicher Garantien zu einem unzumutbaren Nachteil führt“. Es ist die Bedeutung des letztgenannten Begriffs, die das Bundesgericht in diesem Fall klären muss.

Dabei stehen sich zwei Interpretationen gegenüber. Ein erstes – vom BVGer festgehaltenes – Verständnis besteht darin, das Recht auf eine anfechtbare Handlung nur auf Fälle von Verstößen gegen den Ordre public zu beschränken. Ein zweites Verständnis – das von den Settlors und der Lehre vertreten wird – dehnt den Geltungsbereich von Art. 19 Abs. 2 Satz 2 ARG auf jede Verletzung des Rechts auf Zugang zu einem Richter (Art. 29a BV) und des Rechts auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK) in Verbindung mit dem Recht auf eine wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) aus.

Auf der Grundlage einer Prüfung der Vorarbeiten zum AIA bestätigt das Bundesgericht die Auslegung des BVGer : Nur die Verletzung des Ordre public berechtigt zu einer Entscheidung über einen materiellen Akt. Das Bundesgericht rechtfertigt diese restriktive Auslegung auch damit, dass sie durch die internationalen Übereinkommen, die den automatischen Informationsaustausch begründen (das MAC und das MCAA), geboten sei.

In Bezug auf die Reichweite des Ordre-public-Vorbehalts verweist das Bundesgericht auf eine Entscheidung zum Informationsaustausch auf Anfrage (2C_750/2020 vom 25. März 2021). Im Wesentlichen stellen nur offensichtliche Verstöße gegen grundlegende Prinzipien der Schweizer Rechtsordnung Handlungen dar, die gegen die öffentliche Ordnung verstoßen (und nicht jede Abweichung von zwingenden Schweizer Bestimmungen). Die beredtesten Grundsätze des ius cogens (Verbot von Folter, Völkermord und Sklaverei) werden als Beispiel angeführt.

Mit anderen Worten, und um die Eingangsfrage zu beantworten, kann eine Person von der ESTV eine beschwerdefähige Verfügung verlangen, wenn sie nachweist, dass sie durch den automatischen Informationsaustausch „konkret“ Handlungen ausgesetzt wird, die gegen den ordre public verstoßen. Die Behauptung, dass die Weitergabe von Informationen zu einer Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK) führen würde, reicht nicht aus.

Schließlich argumentiert unser Obergericht, dass eine solche Auslegung von Art. 19 Abs. 2 Satz 2 AIA nicht gegen das Recht auf Zugang zum Richter (Art. 13 EMRK) in Verbindung mit den Verpflichtungen der Staaten aus Art. 8 EMRK, das Recht auf Privatleben der Rechtsuchenden zu gewährleisten, verstößt. Das Bundesgericht betont, dass die Zivilklage nach Art. 6 DSG in der Tat offen bleibt ; die Einzelpersonen verfügen somit über ein Rechtsmittel, um sich über eine mögliche Verletzung von Art. 8 EMRK durch die ersuchende Behörde zu beschweren.

Auf den vorliegenden Fall zurückkommend, wischt das Bundesgericht die Kritik der Beschwerdeführer am fehlenden Datenschutz in Argentinien im Handumdrehen vom Tisch und sieht in jedem Fall keine potenzielle Verletzung des ordre public.

Dieses Urteil klärt die zulässigen Beschwerdepunkte, je nachdem, welchen Rechtsweg der Einzelne beschreitet, um sich gegen einen automatischen Informationsaustausch zu wehren. Die Anrufung des Verwaltungsgerichts ist den schwerwiegenden Situationen vorbehalten, in denen ein Verstoß gegen den ordre public vorliegt. Bei allen anderen Widersprüchen gegen die Weitergabe von Informationen (insbesondere wenn nachgewiesen werden kann, dass diese zu einer Verletzung des Rechts auf Privatsphäre führen würde) muss man sich an den Zivilrichter wenden (indem man gegen das Finanzinstitut vorgeht).

Viele Autoren stellen die Angemessenheit der gesetzgeberischen Entscheidung in Frage, bei Verwaltungsfällen im Zusammenhang mit dem automatischen Informationsaustausch weitgehend auf den Zivilrichter zurückzugreifen. Mit seiner restriktiven Auslegung von Art. 19 Abs. 2 Satz 2 AIAG ignoriert das Bundesgericht diese Bedenken und verschließt die Türen zum Verwaltungsgericht noch ein wenig mehr.