Fusion Credit Suisse/UBS
Verantwortung des Staates (Akt I)

Nicolas Béguin
(Übersetzt von DeepL)
Die Begründung des Urteils des Bundesgerichts (BGer), das nach einer Hauptverhandlung am 23. Mai 2025 gefällt wurde und eine Klage gegen den Bund im Zusammenhang mit der Notfusion der Credit Suisse Group AG (CS) in die UBS Group AG (UBS) abweist, ist endlich bekannt (BF, 23.5.2025, 2E_1/2024).
Der Fall betrifft ein Ehepaar aus dem Kanton Aargau, das zwischen dem 10. und 15. März 2023 CS-Aktien an der Börse erworben hatte. In den folgenden Tagen verschärfte sich die Vertrauenskrise, die die CS bereits zuvor erschüttert hatte, erheblich. Angesichts des systemischen Risikos für den Finanzplatz Schweiz beschloss der Bundesrat (BR), unter Anwendung des Notstandsrechts (Art. 184 Abs. 3 und 185 Abs. 3 BV) einzugreifen, um die Stabilität der Schweizer Wirtschaft zu gewährleisten. So schuf der BR mit Verordnung vom 16. März 2023, geändert am 19. März 2023, einen ausserordentlichen Rechtsrahmen, der insbesondere eine Notfusion zwischen CS und UBS ermöglichte. Diese Regelung sah insbesondere die Möglichkeit vor, von bestimmten gesetzlichen Anforderungen abzuweichen, insbesondere von der Genehmigung des Fusionsvertrags durch die Generalversammlungen der beiden systemrelevanten Banken.
Am 20. März 2023 beschließt das Ehepaar, die kürzlich erworbenen CS-Aktien zu verkaufen. Dies geschieht jedoch mit Verlust, da der Markt das Umtauschverhältnis von 1/22,48, basierend auf einer Fusionsgegenleistung (merger consideration) von CHF 3 Milliarden, bereits eingepreist hat. Das Ehepaar fordert daraufhin vom Bundesrat eine Entschädigung in Höhe des erlittenen Verlustes, doch dieser lehnt den Antrag ab. Das Ehepaar reicht daraufhin beim Bundesgericht eine Haftungsklage gegen den Bund ein, die sich auf das BGBB stützt. Das Bundesgericht entscheidet in erster Instanz mit voller Entscheidungsbefugnis.
Die Klage der Kläger stützt sich auf drei Hauptrügen : die unrechtmäßige Ausübung des Notstandsrechts (Rüge 1) ; die beruhigenden Erklärungen einiger Bundesräte zur Kapitalisierung der CS, die sie zum Kauf von Aktien veranlasst hätten (Rüge 2) ; und schließlich den Druck, den der Bundesrat auf die Führungskräfte der beiden Banken ausgeübt habe, um sie zur Unterzeichnung des Fusionsvertrags zu bewegen (Rüge 3) zu unterzeichnen.
Bevor das Bundesgericht die vorgebrachten Rügen nacheinander prüft und zurückweist, macht es zwei wichtige Vorbemerkungen.
Erstens : Die Kläger stützen ihre Klage zwar auf Handlungen von Mitgliedern des Bundesrats, doch enthält ihre Klage zahlreiche Verweise auf Handlungen der SNB und der FINMA. Das Bundesgericht kann jedoch in einem einzigen Verfahren keine Klage aufgrund der amtlichen Tätigkeit von Mitgliedern dieser Institutionen prüfen (Art. 120 Abs. 1 lit. c BGG), da die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit nicht gegeben sind (BGE 126 II 145, c. 1b/bb). Solche Klagen setzen nämlich eine vorherige Entscheidung der zuständigen Bundesbehörde voraus. Diese Präzisierung ist zweifellos für die Inhaber von AT1-Anleihen von Interesse, deren Amortisation von der FINMA angeordnet wurde und die gerade einen ersten Rückschlag in New York erlitten haben (siehe CDBF-Meldung vom 1. Oktober 2025).
Zweitens stellt das Bundesgericht fest, dass der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) vom 17. Mai 2024 über die Bewältigung der CS-Krise durch die Bundesbehörden vollständig im Bundesblatt (FF 2025 515) veröffentlicht wurde. Daher sind nicht nur die Existenz des Berichts, sondern auch sein Inhalt offenkundige Tatsachen (BGE 150 III 209, c. 2), die grundsätzlich weder geltend gemacht noch bewiesen werden müssen. In dieser Hinsicht steht diese Beurteilung in deutlichem Kontrast zu der am 15. August 2024 von der Untersuchungsrichterin in derselben Sache getroffenen Zwischenentscheidung, mit der sie den Antrag der Kläger auf Aussetzung des Verfahrens bis zum Vorliegen des Berichts der CEP mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Schlussfolgerungen dieser Kommission für das Bundesgericht nicht bindend seien. Unser Obergericht bezieht sich dennoch weitgehend darauf, insbesondere im Rahmen der Prüfung der Rügen 2 und 3.
Rüge 1 : Zur Stützung ihres ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass die CS mit rund 10 Milliarden CHF bewertet worden sei, was ein „Geschenk” des Bundesrats an die UBS zum Nachteil der Aktionäre der CS in Höhe von schätzungsweise 7 Milliarden CHF darstelle. Sie behaupten, dass die beiden Banken ohne Einschaltung des Bundesrats unter Beachtung der Beschlüsse der Generalversammlungen direkt hätten verhandeln müssen, was zwangsläufig zu einem höheren Preis geführt hätte.
Nachdem das Bundesgericht darauf hingewiesen hat, dass die Verantwortung der Eidgenossenschaft im Zusammenhang mit dem Erlass von Verordnungen besonders strengen Bedingungen unterliegt, verzichtet es darauf, über diese Frage zu entscheiden, da das von den Klägern vorgebrachte Argument aus anderen Gründen zurückgewiesen werden kann.
Einerseits wurde der Preis, zu dem das Ehepaar seine Aktien erworben und dann verkauft hat, nicht vom Bundesrat, sondern vom Markt festgelegt ; ausserdem können sich die Kläger nicht auf einen angeblich höheren inneren Wert berufen, um einen Schaden nachzuweisen, da sich dieser Wert nicht direkt in ihrem Vermögen widerspiegelt. Darüber hinaus hätte die Feststellung eines entgangenen Gewinns im Zusammenhang mit einer hypothetischen Übernahme durch einen anderen Akteur zumindest eine ungefähre Berechnung (Art. 42 Abs. 2 OR) der hypothetischen Vermögenslage erfordert, wenn die einstweilige Verfügung nicht erlassen worden wäre.
Was den Kausalzusammenhang betrifft, stellt das Bundesgericht fest, dass der Wertverlust bestimmter Aktien des Ehepaars, deren Kurs kontinuierlich sank, vor der Notfallfusion eingetreten ist und dass dieser Verlust vor allem nicht auf die Notfallverordnung zurückzuführen ist, sondern auf den freiwilligen Verkauf der Wertpapiere durch die Kläger selbst.
Rüge 2 : In Bezug auf den Vorwurf der angeblich unrichtigen Aussagen des Bundesrats stellt das Bundesgericht fest, dass der geltend gemachte Schaden, der dem negativen Zins entspricht, nachgewiesen ist. Das Bundesgericht stützt sich weitgehend auf den Bericht der CEP und identifiziert und berücksichtigt nur eine einzige Erklärung des Bundesrats : die des ehemaligen Vorstehers des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), die er in einem Fernsehinterview am 13. Dezember 2022 abgegeben hatte und in der er sich zuversichtlich über die künftige Stabilität der CS zeigte.
Auch hier ist es nicht erforderlich zu prüfen, ob diese Erklärung einen schwerwiegenden Verstoß seitens des CF darstellt, oder festzustellen, ob die Verbreitung falscher Informationen ein rechtswidriges Verhalten darstellen könnte, auf das sich die Kläger berufen könnten. Tatsächlich wird die Rüge aufgrund der Kausalität zurückgewiesen. Nach Ansicht des Bundesgerichts entspricht es weder dem normalen Lauf der Dinge noch der allgemeinen Lebenserfahrung, mehrere Zehntausend Franken in Aktien eines Unternehmens zu investieren, das sich im freien Fall befindet, nur weil der scheidende Finanzminister drei Monate zuvor seine Zuversicht hinsichtlich dessen Stabilisierung zum Ausdruck gebracht hatte. Darüber hinaus sind die streitigen Äusserungen nicht geeignet, eine staatliche Haftung aufgrund von Vertrauen (Art. 9 BV) zu begründen.
Rüge 3 : Das Argument des vom Bundesrat ausgeübten Drucks wird mangels Beweisen im Bericht der PUK zurückgewiesen, da sich der Bundesrat bei der Notfusion auf eine Vermittler- und Koordinatorrolle beschränkt habe ; ausserdem geben die Beschwerdeführer nicht an, gegen welche Verhaltensnorm verstossen worden sei.
Das kommentierte Urteil ist ein erster wichtiger Schritt bei der Prüfung der Staatshaftung nach der Notfusion zwischen CS und UBS. Die Begründung des Bundesgerichts überrascht zwar kaum, doch zeichnet sich das Urteil dadurch aus, dass es dem Bericht der PKS eine bedeutende Tragweite beimisst, die sicherlich auch in anderen damit zusammenhängenden Verfahren genutzt werden wird.
Schliesslich ist anzumerken, dass die Entscheidung des Bundesgerichts in keiner Weise das vor dem Handelsgericht Zürich gegen die UBS anhängige Verfahren auf der Grundlage von Art. 105 FusG präjudiziert. Das Anlegerpaar, das diese Entscheidung angestrengt hat, hat jedoch seine CS-Aktien veräussert und kann daher im Falle eines günstigen Ausgangs keine erga omnes-Wirkung daraus ziehen.