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Amtshilfe in Steuersachen

Subsidiarität – ein Prinzip ohne Substanz ?

(Übersetzt von DeepL)

Das Subsidiaritätsprinzip verpflichtet einen Staat nicht, den Steuerpflichtigen vor seinem Antrag auf internationale Amtshilfe in Steuersachen anzurufen, solange sein innerstaatliches Recht ihn nicht dazu zwingt. So hat sich das Bundesgericht zu der in der Rechtssache 2C_352/2024 (zur Veröffentlichung bestimmt) aufgeworfenen Rechtsfrage geäussert.

Im Jahr 2020 ersuchte die israelische Steuerinformationsstelle die EStV um Übermittlung verschiedener Informationen (Identität der Kontoinhaber, Identität der wirtschaftlich Berechtigten, Gesamtvermögen der Konten usw.) zu 794 Konten von israelischen Staatsangehörigen, die im Verdacht standen, nicht deklarierte Bankkonten bei einer Schweizer Bank zu besitzen. Die ersuchende Behörde gab an, alle üblichen Informationsquellen, die nach dem nationalen Steuerverfahren zur Verfügung stehen, ausgeschöpft zu haben. Gleichzeitig stellte sie klar, dass sie nach israelischem Steuerrecht nicht verpflichtet sei, sich vor Einreichung ihres Ersuchens an den Steuerpflichtigen zu wenden, um die Informationen zu erhalten.

Die Bank übermittelte die Informationen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Diese leistete die erforderliche Amtshilfe. Die Betroffene, die in diesem Verfahren Einspruch erhob, wurde zunächst vor dem Bundesverwaltungsgericht abgewiesen, bevor sie beim Bundesgericht Berufung einlegte, das auf die Beschwerde eintrat und anerkannte, dass der Fall eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft (Art. 84a BGG).

Zunächst stellte das Bundesgericht fest, dass das DBA CH-IL entgegen dem OECD-Standard nur Informationen liefert, die für die Anwendung des Abkommens selbst, nicht aber für die Anwendung des innerstaatlichen Rechts relevant sind. Nur die MAC ermöglicht es, Bankauskünfte über israelische Gebietsansässige zu erhalten, um zu überprüfen, ob sie ihren steuerlichen Verpflichtungen in Israel nachgekommen sind. Darüber hinaus wird präzisiert, dass die restriktivere Formulierung des DBA CH-IL kein Hindernis für die Amtshilfe auf der Grundlage der MAC darstellt. Andererseits steht es dem ersuchenden Staat frei, sich auf den Vertrag seiner Wahl zu berufen.

In einem zweiten Schritt wird daran erinnert, dass ein Vertragsstaat ab dem 1. Januar 2014 von der Schweiz Auskünfte verlangen kann, wenn es sich um Steuerangelegenheiten handelt, die eine strafbare vorsätzliche Handlung beinhalten (Art. 28 Abs. 7 cum 30 Abs. 1 Bst. f MAC). Eine solche Einstufung unterliegt dem guten Glauben des ersuchenden Staates. Im vorliegenden Fall gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln.

Anschliessend befasst sich das Bundesgericht mit der zentralen Fragestellung dieses Falles. Es bekräftigt den Zweck des Subsidiaritätsprinzips. Dieses besagt, dass der ersuchende Staat dem ersuchten Staat nicht die Last auferlegen darf, Informationen zu beschaffen, die ihm selbst zugänglich sind. Anschliessend gliedert es seine Antwort in drei Punkte.

Erstens stellt es fest, dass das Übereinkommensrecht (Art. 21 Abs. 2 Bst. g MAC) kein Verbot der Gewährung von Rechtshilfe für den Fall vorsieht, dass der ersuchte Staat seine Mittel nicht ausgeschöpft hat, sondern die Möglichkeit einräumt, diese zu verweigern. Das innerstaatliche Recht ist nicht strenger (vgl. Art. 7 LAAF). Es ist daher festzuhalten, dass die Schweiz auch bei Nichteinhaltung des Subsidiaritätsprinzips frei bleibt, Rechtshilfe zu leisten.

Zweitens erklärt das Bundesgericht, dass der ersuchende Staat verpflichtet ist, alle nach seiner Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis zumutbaren Massnahmen zu ergreifen. Da das israelische Recht den ersuchenden Staat jedoch nicht verpflichtet, vor der Einreichung eines Amtshilfeersuchens zuvor Kontakt mit dem Steuerpflichtigen aufzunehmen, kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass diesem Staat nicht vorgeworfen werden kann, dies nicht getan zu haben.

Drittens wird festgestellt, dass der Grundsatz der Subsidiarität den ersuchenden Staat nicht verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen, die zu « unverhältnismässigen Schwierigkeiten » führen würden (vgl. Art. 21 Abs. 2 Bst. g MAC). Mit anderen Worten : Vom ersuchenden Staat darf nur verlangt werden, dass er Schritte unternimmt, die nicht von vornherein aussichtslos erscheinen. Im strafrechtlichen Kontext eines Verdachts auf Steuerhinterziehung und unter Berücksichtigung des Rechts, sich nicht selbst zu belasten, erscheint ein vorheriges Ersuchen an den Steuerpflichtigen ungeeignet, um die Beschaffung der Informationen zu gewährleisten. Das Bundesgericht betont, dass der Widerstand der Beschwerdeführerin gegen die Übermittlung der Informationen seine Analyse bestätigt. Aus all diesen Gründen ist eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips zu verneinen.

Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die fraglichen Informationen wahrscheinlich nicht relevant seien. Sie führt an, dass sie weder Begünstigte noch wirtschaftlich Berechtigte der Bankkonten gewesen sei, dass diese fast alle geschlossen worden seien und dass sie ihre steuerlichen Verpflichtungen in Israel erfüllt habe. Unser Obergericht weist diese Rüge zurück, da diese Argumente in einem Verfahren in Israel vorgebracht werden müssen und angesichts des Verdachts auf nicht deklarierte Konten die der EStV übermittelten Bankunterlagen zur Klärung der fraglichen Steuersituation nützlich sind.

Zusammenfassend ist aus diesem Urteil zu entnehmen, dass der Grundsatz der Subsidiarität, wie er zuvor durch die Anforderung der Ausschöpfung aller üblichen Informationsquellen („alle üblichen Mittel” ; 2C_493/2019 vom 17.08.2020, E. 5.5.1) abgegrenzt wurde, nun abgeschwächt ist. Einerseits ist die Verweigerung der Übermittlung von Informationen im Falle eines Verstosses gegen den Grundsatz der Subsidiarität für die Schweizer Behörden fakultativ, und andererseits befreit die Tatsache, dass dieser Grundsatz nicht im innerstaatlichen Recht des ersuchenden Staates verankert ist, diesen von der Verpflichtung, ihn einzuhalten. Es ist auch anzumerken, dass der Kontext, insbesondere der strafrechtliche, eine wichtige Rolle dabei spielt, wie streng dieser Grundsatz ausgelegt wird. Schliesslich ist festzuhalten, dass dieses Urteil, obwohl es im Rahmen eines auf der MAC basierenden Ersuchens ergangen ist, dennoch für die Auslegung aller DBA, die diesen Grundsatz enthalten, relevant bleibt.