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Retrozessionen und execution only

Die Saga, die zur Seifenoper wird

(Übersetzt von DeepL)

Nach einem populären deutschen Ausdruck : „Totgesagte leben länger“. Trotz ihres mehrfach angekündigten Endes bereichern Retrozessionen weiterhin die zivilrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts. Die Praktiker warten jedoch immer noch auf eine endgültige Stellungnahme des Bundesgerichts zur möglichen Rückerstattungspflicht von Retrozessionen im Rahmen von execution only-Beziehungen. Leider wurden diese Hoffnungen in dem hier vorgestellten Urteil (BGer 4A_496/2023 vom 27. Februar 2024) enttäuscht :

Damit braucht es auf die umstrittene Frage, ob grundsätzlich auch im Execution only-Verhältnis eine Pflicht zur Herausgabe von Retrozessionen besteht, nicht weiter eingegangen zu werden“ (E. 4.2).

Hintergrund dieser Entscheidung ist eine Bankbeziehung zwischen einem Kunden und seiner Bank, die von Dezember 2008 bis Juli 2022 läuft. Laut den Bankunterlagen verfügt der Kunde über solide Erfahrung im Finanzbereich, unter anderem mit strukturierten Produkten und Private Equity.

Der Kunde unterzeichnete kein Verwaltungsmandat, aber die Bankbeziehung umfasste Anlageberatung, in jedem Fall ab 2018. Abgesehen davon scheint der Kunde hauptsächlich aus eigener Initiative investiert zu haben, anstatt den Anlagevorschlägen der Bank zu folgen.

Auf dokumentarischer Ebene enthielten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von 2008 lediglich einen Verweis auf das Vorhandensein von Retrozessionen. Ab 2013 wurden die Retrozessionen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach Produkten (kollektive Anlagen und strukturierte Produkte) sowie nach verwalteten Vermögen (AUM) in Bezug auf Vermögensverwaltungs- und Anlageberatungsbeziehungen aufgeschlüsselt.

Der Kunde trat seine allfälligen Ansprüche gegen die Bank auf Rückerstattung von Retrozessionen, die diese vereinnahmt hatte, an eine auf Inkasso spezialisierte Gesellschaft ab. Im Februar 2022 eröffnete das Inkassounternehmen beim Handelsgericht Bern eine Klage auf Rückerstattung verschiedener Beträge, die es zwischen 2011 und 2021 erhalten hatte.

In seinem Entscheid vom 6. September 2023 gab das Kantonsgericht der Rückerstattungsklage für die Jahre 2011 und 2012 statt, wies sie jedoch für die späteren Jahre ab. Das Bundesgericht, das von der Inkassogesellschaft mit einer Beschwerde in Zivilsachen befasst wurde, bestätigt den kantonalen Entscheid.

In seiner Klage führt das Inkassounternehmen drei Hauptargumente an :

  1. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien dem Kunden nicht ausgehändigt worden, weshalb dieser nicht rechtsgültig auf sein Recht auf Rückerstattung der Retrozessionen habe verzichten können.
  2. Die „Ungewöhnlichkeitsklausel“ verhindert die Anwendung der Verzichtsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
  3. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfüllen nicht die Anforderungen der Rechtsprechung an einen wirksamen Verzicht auf das Recht auf Rückerstattung von Retrozessionen.

Das Berner Handelsgericht stufte die Beziehung zwischen dem Kunden und der Bank als ein Execution-only-Verhältnis ein, das auch untergeordnete Anlageberatungskomponenten umfasste („ein Execution-only-Verhältnis mit untergeordneter Beratungskomponente“). Aufgrund des im kantonalen Entscheid geschilderten Sachverhalts ist die Beziehung zwischen den Parteien wahrscheinlich als „transaktionale“ (gemäss der Terminologie von Art. 11 FinfraG) und „punktuelle“ (gemäss der zivilrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichts) Beratungsbeziehung zu bezeichnen. Abgesehen davon verdeutlicht der Sachverhalt auch, dass die strittigen Retrozessionen Investitionen betreffen, die der Kunde spontan (und ohne vorherige Empfehlung der Bank) gewählt hat. Die Analyse der Gerichte konzentriert sich daher zu Recht auf die Behandlung von Retrozessionen in einer execution only-Beziehung.

Wie erwähnt, lässt das Bundesgericht die Frage offen, ob die Rechtsprechung zu Art. 400 Abs. 1 OR auf execution only-Beziehungen anzuwenden ist. Stattdessen hält das Bundesgericht fest, dass :

  • der Kunde die AGB in allen Fällen ab der Version 2013 erhalten hatte und somit von ihnen Kenntnis nehmen konnte.
  • die Klausel über den Verzicht auf das Recht auf Rückgabe angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht „ungewöhnlich“ ist. Die Erfahrung des Kunden in Finanzangelegenheiten scheint in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle gespielt zu haben.
  • dem Kunden wurden Informationen über die Berechnungsweise und die Spannen (in Form von Prozentsätzen) der Retrozessionen zur Verfügung gestellt. Die Spannen wurden in Bezug auf die Finanzinstrumente angegeben. Bei Vermögensverwaltungs- und Anlageberatungsdienstleistungen (Anm. : zwei Arten von Finanzdienstleistungen, die in diesem Fall nicht relevant sind) wurden die Bandbreiten ebenfalls nach AUM angegeben. Da das Bundesgericht darauf verzichtet, den Inhalt der erforderlichen Informationen in Bezug auf execution only genau einzugrenzen, hält es fest, dass es dem Inkassounternehmen im vorliegenden Fall nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass die ab der Version 2013 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereitgestellten Informationen nicht ausreichend waren. Darüber hinaus, so das Bundesgericht, hatte der Kunde die Möglichkeit, vor oder nach den strittigen Investitionen genauere Informationen anzufordern.

Unserer Ansicht nach lassen sich aus diesem Urteil folgende Lehren ziehen :

  1. Dieses Urteil bestätigt, dass die vom Bundesgericht gewählten Grundsätze zur Rückgabepflicht, die sich auf Art. 400 Abs. 1 OR stützen, auf die Vermögensverwaltung und die Anlageberatung anwendbar sind (für eine Erinnerung an diese Grundsätze : Fischer, cdbf.ch/1415). Dennoch ist die Frage bei execution only (oder überwiegend execution only) Beziehungen noch nicht endgültig geklärt.
  2. Man könnte in diesem Urteil den Willen des Bundesgerichts erkennen, möglicherweise einen niedrigeren Standard für die Offenlegung von Retrozessionen bei execution only-Beziehungen zu akzeptieren. Wie bereits erwähnt, verlangt das Bundesgericht im Rahmen der Vermögensverwaltung eine Offenlegung der Höhe der Retrozessionen im Verhältnis zu den verwalteten Vermögenswerten, was in einer execution only-Beziehung, in der der Kunde die Anlageentscheidungen allein trifft, in der Praxis ohnehin nicht möglich ist.
  3. In Verbindung mit dem Urteil des Handelsgerichts Zürich (HG210223-O vom 23. Juni 2023 zusammengefasst in : Pittet, cdbf.ch/1305), in dem die Anwendung der „Regel des Ungewöhnlichen“ zur Aufhebung einer Klausel über den Verzicht auf Retrozessionen abgelehnt wurde, lässt sich festhalten, dass die hier vorgestellte Rechtsprechung zum gleichen Ergebnis kommt, indem sie auf den sophisticated character des Kunden abstellt. Aus Gründen, die verfahrensrechtlicher Natur zu sein scheinen, analysiert die hier vorgestellte Rechtsprechung hingegen nicht den Anwendungsbereich von Art. 8 UWG, der Norm, die im oben genannten Urteil des Handelsgerichts Zürich zur Unwirksamkeit der Verzichtsklausel geführt hatte.