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Stabilität der Banken

Ein beeindruckender, aber noch zu vager Bericht des Bundesrates

(Übersetzt von DeepL)

Seit der Annahme der Too-big-to-fail-Regelung im Jahr 2011 sieht Art. 52 BankG vor, dass der Bundesrat drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelung und danach alle zwei Jahre die Bestimmungen der Art. 7 bis 14b BankG überprüft, sie mit den entsprechenden internationalen Standards im Ausland vergleicht und der Bundesversammlung darüber Bericht erstattet, gegebenenfalls mit Vorschlägen für Gesetzes- oder Verordnungsänderungen. In seinem Bericht über systemrelevante Banken vom 4. Juni 2021 (BBl 2021 1487) kam der Bundesrat zum Schluss : „Der verfolgte Schweizer Ansatz zur Entschärfung des Problems der systemrelevanten Banken, der verschiedene Massnahmen kombiniert und sich über die Jahre hinweg entwickelt hat, erweist sich im internationalen Vergleich als angemessen. Eine grundlegende Neuausrichtung dieser Politik ist daher nicht erforderlich“. Die Vorschläge waren bescheiden, indem sie eine Verbesserung der globalen Abwicklungsfähigkeit und eine Revision der OLiq wünschten. Weniger als 24 Monate später musste er auf die Notstandsklausel zurückgreifen, um die Fusion zwischen Credit Suisse und UBS zu erleichtern.

Am 10. April 2024 veröffentlichte der Bundesrat seinen ersten Bericht nach Art. 52 BankG seit der Krise. Der Bericht ist 341 Seiten lang, während der Bericht von 2021 18 Seiten umfasste. Er prüft ein Paket von 37 Massnahmen in sechs Handlungsfeldern mit drei Schwerpunkten : Stärkung der Prävention, Stärkung der Liquidität und Erweiterung der Instrumente zur Krisenbekämpfung. Er wählt 22 Maßnahmen aus, die er zur Umsetzung vorschlägt, und regt an, sieben weitere Maßnahmen eingehender zu prüfen. Unter diesem Katalog finden sich erwartete und angekündigte Maßnahmen : Dies gilt für den Public Liquidity Backstop, der im Rahmen der Credit-Suisse-Krise umgesetzt und dem Parlament bereits vorgestellt wurde.

Das wichtigste Handlungsfeld umfasst Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance und der Aufsicht. Dieses Paket umfasst wie erwartet die Einführung eines Senior-Manager-Regimes nach britischem Vorbild, bei dem bestimmten Personen auf der Ebene des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung oder des oberen Managements die Verantwortung für bestimmte Angelegenheiten übertragen wird. Außerdem schlägt er eine verbindlichere Vergütungsregelung mit der Möglichkeit vor, in den Bereich der Sperrfrist einzugreifen, die Vergütung an nachhaltige wirtschaftliche Ergebnisse zu knüpfen und die Möglichkeit zu schaffen, die Vergütung zurückzufordern, wenn sie sich als ungerechtfertigt erweist, indem Claw-back-Klauseln eingeführt werden, ohne jedoch richtigerweise eine Obergrenze für die variable oder Gesamtvergütung vorzuschlagen. Es wird die konkreten Vorschläge abzuwarten sein, um zu sehen, ob diese Massnahmen lediglich die von der FINMA in ihrem Rundschreiben 2010/01 „Vergütungssysteme“ dargelegten Grundsätze im Gesetz verankern oder darüber hinausgehen. Andere Massnahmen sind vager und es wird sich zeigen, was sie konkret bedeuten : Dies gilt etwa für die Absicht, Verantwortlichkeiten für die Unternehmenskultur zu schaffen, die schwer zu regulieren und zu überwachen sein wird. Die FINMA hätte sich teilweise bereits auf eine Reihe dieser Kompetenzen berufen können, indem sie sich auf Generalklauseln und ihren grossen Ermessensspielraum stützt. Die Vorschläge des Bundesrates zielen daher eher darauf ab, Unklarheiten zu beseitigen, als das System zu überarbeiten.

Auf der Ebene der Aufsicht will der Bundesrat das Informationsrecht der FINMA gestützt auf Artikel 29 FINMAG stärken, damit sich die FINMA ausserhalb formeller Verwaltungsverfahren nicht nur an die Beaufsichtigten und ihre Organe, sondern auch an Dritte, insbesondere an Angestellte, wenden kann. Es wird auch erwogen, der FINMA zu ermöglichen, die Öffentlichkeit unabhängig von den Voraussetzungen nach Artikel 22 Absatz 2 FINMAG oder den Massnahmen nach Artikel 34 FINMAG über laufende Verfahren zu informieren. Zur Beschleunigung der Verfahren erwägt der Bundesrat zudem, die Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesgericht gegen ursprünglich von der FINMA erlassene Verfügungen zu entziehen.

Die grösste Überraschung betrifft hingegen die Verwaltungsbussen : Der Bundesrat schlägt nicht vor, der FINMA die Befugnis zur Verhängung von Verwaltungsbussen zu erteilen. Er beschränkt sich darauf, eine eingehendere Prüfung dieser Frage in Bezug auf die Beaufsichtigten zu verlangen, und verzichtet darauf, die Frage zu prüfen, ob es angebracht wäre, natürliche Personen, z.B. Organe oder Angestellte von Beaufsichtigten, über die schwere Sanktion des Berufs- oder Tätigkeitsverbots nach Art. 33 und 33a FINMAG hinaus sanktionieren zu können. In diesem Zusammenhang erwägt er stattdessen, das Regime des Berufsverbots für Organe (Art. 33 FINMAG) an dasjenige des Berufsverbots für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für den Handel mit Finanzinstrumenten verantwortlich sind oder Kunden beraten (Art. 33a FINMAG), anzugleichen, um Massnahmen gegen Erstere nicht nur bei Verletzungen des Aufsichtsrechts, sondern auch bei Verletzungen interner Vorschriften zu ermöglichen. Er verzichtet auch auf eine Änderung des Systems der zivilrechtlichen Haftung der Organe, nachdem er einen kurzen Exkurs zu dieser Frage gegeben hat. Gleichzeitig soll das Instrumentarium der Massnahmen gegen Einzelpersonen verstärkt werden, indem der Bundesrat vorschlägt, die Massnahme der Einziehung unrechtmässig erzielter Gewinne (Art. 35 FINMAG) auf andere Personen als Beaufsichtigte und deren oberste Organe auszudehnen.

Das Massnahmenpaket in den Bereichen Eigenmittel, Liquidität und Liquiditätssicherung soll hier nicht weiter erörtert werden. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass der Bundesrat nicht beabsichtigt, den Einsatz von hybriden Eigenkapitalinstrumenten wie den abgeschriebenen AT1 im Fall der Credit Suisse abzuschaffen, sondern vielmehr vorschlägt, die Modalitäten des Bail-in zu klären und Massnahmen gegen die doppelte Hebelwirkung innerhalb von Bankkonzernen zu ergreifen. Ebenso will der Bundesrat die Möglichkeit prüfen, die Liquiditätssicherung durch den Einsatz anderer Formen von Sicherheiten und durch die Stärkung der Möglichkeit, Liquidität innerhalb einer Bankengruppe zu übertragen, zu verbessern, ohne jedoch wirklich Maßnahmen vorzuschlagen, da diese Entscheidung in den Zuständigkeitsbereich der Schweizerischen Nationalbank fällt.

Die Vorschläge des Bundesrates sehen keine grundlegenderen strukturellen Maßnahmen vor : Das Schweizer Einlagensicherungssystem, das auf einem in der Selbstregulierung verankerten Versicherungsmechanismus beruht, wird bestehen bleiben, was mit der vom Parlament für 2021 gewählten Lösung übereinstimmt. Ebenso wenig plant der Bundesrat die Schaffung eines Abwicklungsfonds oder gar die gesetzliche Verankerung eines temporären Public-Ownership-Mechanismus, was bedeutet, dass damit gerechnet werden muss, dass im Falle einer erneuten Krise erneut auf das Notrecht zurückgegriffen wird, was aus pragmatischer Sicht vielleicht richtig, in einem Rechtsstaat aber enttäuschend ist.

Insgesamt richtet sich das vom Bundesrat vorgeschlagene Massnahmenpaket in erster Linie an systemrelevante Banken, wobei einige Massnahmen einen breiteren Anwendungsbereich haben werden. Dies gilt insbesondere für die Massnahmen in Bezug auf die Kompetenzen der FINMA im Bereich Enforcement und in geringerem Ausmass im Bereich Corporate Governance. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass einige Maßnahmen, auch wenn sie nicht direkt auf andere Banken und Finanzinstitute anwendbar sind, diese indirekt betreffen werden.

Schließlich gibt es einen Bereich, in dem der Bericht zur Bankenstabilität besonders zaghaft oder gar stumm bleibt : die Fähigkeit der für die Finanzmarktaufsicht zuständigen Behörden, systemrelevante Banken angemessen und wirksam zu beaufsichtigen. Quantitativ gesehen zielen die meisten der 37 untersuchten Maßnahmen darauf ab, die Corporate Governance und die Aufsichtsinstrumente zu stärken (13, davon 8 zurückgehaltene und 5 noch zu prüfende) oder die Eigenkapitalinstrumente (8, davon 5 zurückgehaltene), die Liquiditätssicherung (7, davon 4 zurückgehaltene und 1 noch zu prüfende) und die Instrumente zur Abwicklungsplanung (6, davon 3 zurückgehaltene). Eine einzige Maßnahme, die übrigens nicht ausgewählt wurde, sondern nur als zu prüfen eingestuft wurde, betrifft die Organisation und Koordination der Behörden. Es wäre jedoch wichtig gewesen, festzustellen, ob die FINMA die ihr zur Verfügung stehenden Aufsichtsinstrumente tatsächlich ausgeschöpft hat. Grundsätzlicher wäre es auch angebracht gewesen, die Angemessenheit des bipolaren Systems der prudenziellen Aufsicht mit der FINMA, die einerseits für die mikroprudenzielle Aufsicht zuständig ist, und der Schweizerischen Nationalbank, die für die makroprudenzielle Aufsicht verantwortlich ist, zu prüfen und generell zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen, da nach der Finanzkrise zunehmend Modelle Schule zu machen scheinen, bei denen die prudenzielle Aufsicht einer Behörde übertragen wird, die der Zentralbank angehört. Der Bundesrat hat es vielleicht vorgezogen, das Ergebnis der PUK abzuwarten, um diese Frage zu prüfen. Aber auch wenn die wirtschaftliche Verantwortung für die Krise in erster Linie bei der Bank, ihren Führungsorganen, ihrem Verwaltungsrat und dann bei ihren Aktionären liegt, hat auch das Aufsichtsdispositiv versagt, indem es nicht vorbeugte und dann nicht handelte, bevor es zu spät war.

Zusammengefasst ist es ein scheinbar beeindruckender Katalog, den der Bundesrat vorschlägt. Gleichzeitig muss man feststellen, dass der Bericht in Bezug auf konkrete Maßnahmen noch vage oder sogar zaghaft bleibt : Er beschreibt die geplanten Maßnahmen allgemein, aber es wird noch auf die Vorentwürfe und Entwürfe der Gesetze und Verordnungen warten müssen, um zu sehen, was sie konkret bedeuten. Es ist auch der erste Schritt eines beginnenden Gesetzgebungsprozesses : Gemäss Art. 52 BankG macht der Bundesrat Vorschläge, die er dann im Rahmen eines Revisionsprozesses des BankG und seiner Ausführungsverordnungen in Musik umsetzen muss. In diesem Sinne ist auch mit kritischen Reaktionen der Industrie und der betroffenen Institute zu rechnen (siehe Pressemitteilung der SBVg). Gleichzeitig ist der Bericht Teil einer komplexen politischen Choreografie nach der Credit-Suisse-Krise : Er knüpft an den Bericht der FINMA (Liegeois, cdbf.ch/1315) an und zielt darauf ab, die Ergebnisse der PUK vorwegzunehmen, ohne dabei Zugeständnisse auf institutioneller Ebene zu machen. Eines ist jedenfalls sicher, diese Krise wird ihre Spuren im Recht der Bankenaufsicht in der Schweiz hinterlassen : „you never want a serious crisis to go to waste“ sagte Rahm Emmanuel 2009 nach dem Lehmann-Konkurs und der Subprime-Krise. Die Strategie gilt auch heute noch.