Skip to main content

Betrügerische Erlangung von "COVID-19"-Krediten

Bundesgericht bestätigt die Einstufung als Betrug

(Übersetzt von DeepL)

Ab März 2020 nahmen über 100’000 Schweizer Unternehmen die vom Bund bereitgestellten verbürgten Kredite in Anspruch, um einen Liquiditätsengpass infolge der COVID-19-Pandemie zu überbrücken. Der Wille der Schweizer Behörden, schnell auf eine Ausnahmesituation zu reagieren und einen raschen Zugang zu Finanzmitteln zu gewährleisten, veranlasste sie dazu, ein erleichtertes Verfahren vorzusehen, das im Wesentlichen auf einer Selbstdeklaration des Kreditantragstellers beruhte, was leider zu einer Reihe von Missbräuchen geführt hat.

In einem kürzlich ergangenen, zur Veröffentlichung bestimmten Urteil muss sich das Bundesgericht – unseres Wissens zum ersten Mal (nachdem es im Urteil 6B_244/2023 vom 24. August 2023 auf einen identischen Vorwurf nicht eingetreten war) – zur strafrechtlichen Qualifikation der betrügerischen Erlangung von „COVID-19“-Krediten äussern (Urteil 6B_271/2022 vom 11. März 2024) : Handelt es sich um einen Betrug im Sinne von Art. 146 StGB ? Das Bundesgericht bejaht diese Frage.

Um die Argumentation unseres Hohen Gerichts zu verstehen, muss man sich kurz den rechtlichen Rahmen vergegenwärtigen, in dem sich diese Kredite bewegten.

Am 25. März 2020 verabschiedete der Bundesrat die Verordnung über die Solidarbürgschaften im Zusammenhang mit COVID-19, die Selbstständigerwerbenden und KMU einen raschen Zugang zu Bankkrediten und damit zu der für die Deckung ihrer Fixkosten notwendigen Liquidität verschafft. Das von der Regierung eingeführte System beruht auf den Solidarbürgschaften, die von den vier anerkannten Bürgschaftsorganisationen gewährt und letztlich vom Bund garantiert werden.

Wenn der Antragsteller bestimmte Bedingungen erfüllt, kann er einen Kredit in Höhe von maximal 10 % des Umsatzes des Jahres 2019 (und maximal CHF 20 Millionen) erhalten. Selbstverständlich dürfen die erhaltenen Mittel nur zur Deckung des Finanzbedarfs im Zusammenhang mit der operativen Tätigkeit des Unternehmens verwendet werden.

Das Vergabeverfahren ist vereinfacht und standardisiert. Der Kreditantragsteller füllt ein online verfügbares Formular aus und bestätigt darin, dass die darin enthaltenen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß sind. Anschließend reicht er dieses Formular bei seiner Bank ein. Aufgrund dieser Selbsterklärung wird der Antrag nicht im Detail geprüft. Die Bank beschränkt sich darauf, die Vollständigkeit der gemachten Angaben und die Unterschriftsbefugnisse zu überprüfen und sicherzustellen, dass die Höhe des beantragten Kredits 10 % des vom Antragsteller angegebenen Umsatzes für 2019 nicht übersteigt.

Kurz gesagt : Wenn das Formular vollständig und formal korrekt ausgefüllt ist, gewährt die Bank den Kredit. Bei Krediten über CHF 500’000 ist die Bank darüber hinaus verpflichtet, eine branchenübliche Kreditprüfung durchzuführen.

In Anerkennung des Missbrauchspotenzials, das sich aus der Kreditvergabe allein aufgrund einer Selbstdeklaration ergibt, bestraft das Gesetz unter anderem denjenigen mit einer Geldstrafe, der einen Kredit durch vorsätzlich falsche Angaben erhält, sofern es sich nicht um eine schwerere Straftat nach dem StGB handelt.

Im vorliegenden Fall erlangten A und B – im Namen ihrer Firmen bzw. Einzelunternehmen – betrügerisch vier „COVID-19“-Kredite in Höhe von insgesamt über CHF 1.5 Millionen, wobei sie jedes Mal einen fiktiven Umsatz für das Jahr 2019 angaben, der weit über den tatsächlichen Zahlen lag. In drei Fällen wurde auf Verlangen der Bank eine gefälschte Bilanz, die die fiktiven Beträge wiedergibt, beigelegt.

A und B wurden in erster Instanz in Bezug auf die vier erhaltenen Kredite des Betrugs für schuldig befunden und vom Tessiner Berufungsgericht in Bezug auf die Erlangung von zwei der vier Kredite teilweise freigesprochen.

Auf eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin befasst sich das Bundesgericht mit den Tatbestandsmerkmalen des Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB. Die Diskussion dreht sich vor allem um die Begriffe „List“ und „Schaden“.

In Bezug auf die Arglist lehnte es das Bundesgericht bislang ab, eine arglistige Täuschung anzunehmen, wenn eine Bank Kleinkredite allein aufgrund der Angaben des Antragstellers gewährte, ohne Belege zu verlangen oder irgendeine Kontrolle durchzuführen (Urteil des Bundesgerichts 6B_383/2019 vom 8. November 2019, E. 6.5.4). Angesichts der Spezialisierung ihrer Organe und Mitarbeiter sind Banken in der Tat zu erhöhter Wachsamkeit verpflichtet (Urteil des Bundesgerichts 6B_244/2023 vom 24. August 2023, E. 4.1).

Das Bundesgericht kommt im vorliegenden Fall jedoch zu einer diametral entgegengesetzten Lösung. Gemäss unserem Obergericht wurden die „COVID-19“-Kredite zwar ausschliesslich aufgrund der von A und B gelieferten Informationen gewährt, eine Überprüfung dieser Informationen durch die Bank war jedoch weder vorgesehen noch vorgeschrieben. Die fraglichen Kredite waren als Soforthilfe für KMU gedacht, die einer besonderen Regelung unterlag, an bestimmte Bedingungen geknüpft war und nur auf der Grundlage einer Selbstauskunft zur Verfügung gestellt wurde. In Anbetracht der außergewöhnlichen Situation und des zu ihrer Bewältigung eingerichteten Mechanismus kommt das Bundesgericht zu dem Schluss, dass in diesem speziellen Fall einfache Falschinformationen eine arglistige Täuschung darstellen.

Dasselbe gilt für den Kredit, der nach der Einführung des „Anti-Missbrauchs“-Plans des SECO gewährt wurde, wonach – im Falle von Krediten an neue Kunden – die Banken den Kunden identifizieren und die Geldwäschereivorschriften einhalten mussten (und somit gründlichere Überprüfungen vornehmen mussten). Die in diesem Zusammenhang vorgelegte gefälschte Bilanz reichte in der Tat aus, um eine arglistige Täuschung anzunehmen, obwohl es beunruhigende Elemente gab, die von der Bank eine gewisse Umsicht bei der Bearbeitung des Antrags verlangt hätten.

In Bezug auf den Schaden erinnert das Bundesgericht daran, dass dieser die Form einer Vermögensgefährdung annehmen kann, wenn der Kreditnehmer den Kreditgeber über seine Rückzahlungsfähigkeit täuscht. Da ein vorübergehender Schaden ausreicht, reicht eine vertragsgemäße Rückzahlung des Darlehens nicht aus, um die bereits bei Vertragsabschluss eingetretene Vermögensverminderung zu beseitigen.

Im vorliegenden Fall hatte das Tessiner Berufungsgericht das Vorliegen eines Schadens im Zusammenhang mit einem der Kredite verneint, da – zum Zeitpunkt der Gewährung – die Gesellschaft auf ihrem Konto über einen ausreichenden Betrag zur Rückzahlung des Kredits verfügte (und diesen schließlich auf Anweisung der Staatsanwaltschaft zurückzahlte). Diese Argumentation überzeugt das Bundesgericht nicht, da es der Ansicht ist, dass die falschen Angaben im Formular eine Rückzahlungsunwilligkeit und damit ein Risiko der Nichteinforderung belegen, das bereits einen Schaden darstellt.

Aufgrund der obigen Ausführungen lässt das Bundesgericht die Beschwerde zu und hebt die in der Berufung ausgesprochenen Freisprüche auf.

Unserer Ansicht nach ist die Argumentation des Bundesgerichts, die in Richtung der fast einstimmigen kantonalen Praxis geht, zu befürworten. Obwohl der Trick im vorliegenden Fall nicht besonders raffiniert war, missbrauchten die Täter eine aussergewöhnliche Situation und die Massnahmen, die im Notfall ergriffen wurden, um die negativen Folgen zu begrenzen. Da das Vergabeverfahren bewusst keine materielle Kontrolle durch die Bank beinhaltet, was die Täter ausgenutzt haben, ist es nur logisch, dass die Anforderungen an den Trick bei Bankkrediten herabgesetzt werden.