Siegelung
Das Bankgeheimnis reicht nicht mehr aus

Katia Villard
(Übersetzt von DeepL)
Seit der Revision der Strafprozessordnung, die am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, stellt das Bankgeheimnis keinen Grund mehr für eine Versiegelung dar, wenn es von einem Dritten, d. h. einer Person, die im Strafverfahren nicht benachrichtigt wurde, geltend gemacht wird. Dies entschied das Bundesgericht in einem Urteil 7B_313/2024 vom 24. September 2024, das zur Veröffentlichung bestimmt ist.
Die Bundesanwaltschaft führt ein Strafverfahren wegen Betrugs und Geldwäscherei gegen verschiedene natürliche Personen.
In diesem Rahmen richtet sie am 12. April 2021 Einzahlungsaufträge an zwei Banken im Zusammenhang mit Konten, deren Inhaber eine Gesellschaft ist. Die relevanten Dokumente werden ihm von den Finanzinstituten ausgehändigt.
Am 27. Oktober 2023 erteilte die Strafbehörde den beidenselben Banken weitere Einzahlungsaufträge, die sich ebenfalls auf Konten bezogen, bei denen die Gesellschaft Kontoinhaberin war.
Am 31. Oktober 2023 stellt sie dem Unternehmen die Verfügungen vom 27. Oktober 2023 zu, zusammen mit einer Kopie der Verfügungen vom 12. April 2021.
Am 6. November 2023 beantragte das Unternehmen die Versiegelung der Dokumente, die Gegenstand der Einzahlungsanordnungen waren. Die Bundesanwaltschaft lehnt das Gesuch am 14. November 2023 ab. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts heisst die von der Gesellschaft am 28. Dezember 2023 eingereichte Beschwerde gut und fordert die Bundesanwaltschaft auf, die Dokumente zu versiegeln, was am 5. Januar 2024 geschieht.
Am 17. Januar 2024 ersucht die Bundesanwaltschaft das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern, festzustellen, dass das Versiegelungsgesuch vom 6. November 2023 ungültig ist. Subsidiär beantragt sie die Aufhebung der Siegelung. Das Zwangsmassnahmengericht nimmt den Antrag auf Aufhebung der Versiegelung am 13. Februar 2024 an (offensichtlich ohne sich zur Gültigkeit des Versiegelungsantrags zu äussern).
Das Unternehmen legt beim Bundesgericht Beschwerde ein.
Das Obergericht urteilt zunächst, dass gemäss dem Grundsatz der sofortigen Anwendbarkeit das neue Siegelrecht anwendbar ist, da der angefochtene Entscheid nach dem 1. Januar 2024 gefällt wurde (Art. 448 Abs. 1 und 453 Abs. 1 StPO e contrario).
Das Bundesgericht stellt sodann fest, dass das neue Recht die Gründe für eine Versiegelung restriktiver definiert als das alte Recht. Neu können nur noch Geheimnisse geltend gemacht werden, die es erlauben, sich (gleichzeitig) der Beschlagnahme im Sinne von Art. 264 Abs. 1 StPO zu widersetzen. Geschäfts- und Bankgeheimnisse fallen nicht darunter, und eine solche Einschränkung war vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt. Während der Entwurf des Bundesrates unter den geschützten Geheimnissen ausdrücklich das Fabrikations- und das Geschäftsgeheimnis aufführte, ist diese Erwähnung in dem von den Kammern verabschiedeten Text verschwunden.
Die Gesellschaft, die im Verfahren nicht benachrichtigt wurde, hat somit keine schutzwürdigen Geheimnisse im Sinne von Art. 264 StGB behauptet.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Gesellschaft folglich ab.
Unserer Ansicht nach ist die Argumentation nicht klar genug und hätte eine Vertiefung verdient.
Zunächst ist die Feststellung, dass das revidierte Gesetz im Gegensatz zum Entwurf des Bundesrates das Geschäftsgeheimnis – das natürlich auch das Bankgeheimnis umfasst – nicht als Grund für eine Versiegelung erwähnt, nicht allein ausschlaggebend. Diese Art von Geheimnis wurde auch in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden StPO nicht ausdrücklich erwähnt. Dennoch war sie grundsätzlich als Grund für eine Versiegelung zulässig.
Zweitens ist es nicht richtig, dass das Bankgeheimnis nicht zu den Gründen für eine Beschränkung der Beschlagnahme gehört. Art. 264 Abs. 1 Bst. c StPO erwähnt nämlich Dokumente, die Kontakte zwischen dem Beschuldigten und einer Person betreffen, die nach Art. 170 bis 173 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Nun hat der Inhaber von Informationen, die unter das Bankgeheimnis fallen, unter den Voraussetzungen von Art. 173 Abs. 2 StPO das Recht, das Zeugnis zu verweigern.
Es trifft jedoch zu, dass gemäss Art. 264 Abs. 1 Bst. c StPO nur Dokumente, die durch ein Geheimnis geschützt sind, das der Beschuldigte besitzt, der Beschlagnahme entzogen werden können. Diese „persönliche“ Einschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 264 Abs. 1 Bst. c StPO wird von einem Teil der Lehre zu Recht kritisiert (vgl. z.B. BSK StPO-Bommer/Goldschmid, 3. Aufl. 2023, Art. 264 N 24). Die in Art. 264 StPO erwähnten Geheimnisse sind geschützt, weil sie als schutzwürdig erachtet werden. Ein Geheimnis ist aber (selbstverständlich) nicht deshalb weniger schützenswert, weil ein Dritter und nicht der Beschuldigte der Inhaber des Geheimnisses ist ( !). Die Bestimmung steht zudem im Widerspruch zu den Art. 170-173 StPO über das Zeugnisverweigerungsrecht, die nicht danach unterscheiden, ob die durch ein Geheimnis geschützte Information den Beschuldigten oder einen Dritten betrifft.
Wir bedauern daher, dass das Bundesgericht nicht die Gelegenheit ergriffen hat, sich zu dieser Problematik zu äussern.
Auf der faktischen Ebene ist noch anzumerken, dass die ersten Einzahlungsaufträge aus dem Jahr 2021 der kontoführenden Gesellschaft offensichtlich nicht zugestellt wurden. Das Verfahren erscheint uns zweifelhaft, da es diesen Berechtigten – der somit keine Kenntnis von der Übermittlung der Dokumente durch die Bank an die Staatsanwaltschaft hat – daran hindert, die Versiegelung zu beantragen, bevor die Strafbehörden Kenntnis von den Dokumenten erhalten. Seit 2024 sieht übrigens Art. 248 Abs. 2 StPO ausdrücklich vor, dass, wenn der Inhaber der beschlagnahmten Dokumente nicht der Berechtigte ist, dieser innerhalb von drei Tagen über seine Möglichkeit, die Versiegelung zu beantragen, informiert werden muss.