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Nachhaltige Finanzen

Die FINMA „nudgt“ Banken und Versicherungen in Richtung nachhaltiger Investitionen

(Übersetzt von DeepL)

Die von den amerikanischen Wissenschaftlern Richard Thaler (Wirtschafts-Nobelpreisträger 2017) und Cass Sunstein entwickelte Nudge-Theorie geht davon aus, dass es möglich ist, bestimmte Verhaltensweisen zu regulieren, ohne zwingende Regeln aufzustellen. Thaler und Sunstein schlagen stattdessen vor, menschliche Entscheidungen mit verschiedenen Methoden der Elementarpsychologie zu beeinflussen, um bestimmte sozial nützliche Verhaltensweisen zu fördern, ohne sie jedoch verpflichtend zu machen. Ein typisches Beispiel ist eine Cafeteria : Man kann die Menschen dazu ermutigen, sich besser zu ernähren, ohne ihre Wahlfreiheit einzuschränken, indem man gesunde Gerichte auf Augenhöhe platziert und den Zugang zu weniger gesunden Gerichten erschwert. Die Präsentation der Gerichte auf diese Weise ist ein Beispiel für einen Nudge (wörtlich : „Anstoß“).

Bisher schien die Aufnahme dieser Theorie in das Schweizer Recht begrenzt zu sein. Betrachtet man jedoch die von der FINMA ergriffenen Maßnahmen zur Förderung der Transparenz in Bezug auf Klimarisiken, stellt sich die Frage, ob Nudges nicht Eingang in die Schweizer Finanzregulierung gefunden haben.

Am 31. Mai 2021 veröffentlichte die FINMA Änderungen des Rundschreibens 2016/1 „Offenlegung – Banken“ und des Rundschreibens 2016/2 „Offenlegung – Versicherer (Public Disclosure), die am 1. Juli 2021 in Kraft traten. Diese Anpassungen verpflichten die größten Schweizer Banken und Versicherungen nun, in ihren Jahresberichten bestimmte Informationen über das „Management klimabezogener Risiken“ zu veröffentlichen. Diese Verpflichtung betrifft die Banken der Kategorien 1 und 2, d. h. die fünf größten Banken, sowie die vier größten Versicherungen.

Die Grundsätze dieser neuen Offenlegungspflichten sind kurz und prägnant, so dass sie hier vollständig zitiert werden können. Nachfolgend geben wir den neuen Anhang 5 zum Rundschreiben 2016/1 wieder, wobei die Änderungen im Rundschreiben 2016/2 (Ziff. 13.1 ff.) fast identisch sind, mutatis mutandis :

„Banken der Aufsichtskategorien 1 und 2 veröffentlichen jährlich im Rahmen ihres Jahresberichts Informationen über das Management klimabezogener finanzieller Risiken.

Die Veröffentlichung umfasst mindestens die folgenden Informationen :

  • zentrale Merkmale der Governance-Struktur, die der Bank zur Identifizierung, Bewertung, Steuerung und Überwachung klimabezogener finanzieller Risiken und zur Berichterstattung darüber zur Verfügung stehen,
  • Beschreibung der kurz-, mittel- und langfristigen klimabezogenen Finanzrisiken, ihres Einflusses auf die Geschäfts- und Risikostrategie sowie ihrer Auswirkungen auf bestehende Risikokategorien,
  • Risikomanagementstrukturen und -prozesse zur Identifizierung, Bewertung und Steuerung klimabezogener Finanzrisiken,
  • quantitative Informationen (Kennzahlen und Ziele) zu klimabezogenen Finanzrisiken sowie zur verwendeten Methodik.

Die Banken veröffentlichen die Kriterien und Bewertungsmethoden, auf denen ihre Analyse der Wesentlichkeit klimabezogener Finanzrisiken beruht. »

Der Kommentar der FINMA enthält einige nützliche Klarstellungen für die praktische Umsetzung dieser Regeln. Die FINMA betont insbesondere, dass die finanziellen Risiken Gegenstand der Offenlegung sein müssen. Genauer gesagt sollen Banken und Versicherungen offenlegen, wie sie die gewöhnlichen finanziellen Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind – Kreditrisiko, Marktrisiko, operationelles Risiko und gegebenenfalls Versicherungsrisiko – im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels handhaben. Es sei außerdem betont, dass es sich hierbei nur um eine reine Veröffentlichungspflicht handelt : Technisch gesehen haben die Änderungen der Rundschreiben 2016/1 und 2016/2 keine Auswirkungen auf die materiellen Regeln, die für die eigentlichen Aktivitäten der Banken und Versicherungen gelten. Für die FINMA sollten sich die Kosten für die Beaufsichtigten daher auf IT-, Personal- oder Beratungskosten beschränken.

Wie es mittlerweile bei den meisten Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung der Fall ist, ist diese Entscheidung keine Initiative der FINMA, sondern geht auf einen von einem transnationalen Gremium verabschiedeten Soft Law-Text zurück. Es handelt sich hierbei um die Recommendations on Climate-related Financial Disclosures, ein Dokument, das 2017 von der Task Force on Climate-Related Disclosures (TCFD) veröffentlicht wurde, einer Arbeitsgruppe, die sich aus 32 Mitgliedern zusammensetzt, die größtenteils Führungspositionen in multinationalen Unternehmen innehaben. Die Empfehlungen der Task Force werden bereits von einer Vielzahl multinationaler Unternehmen umgesetzt, darunter sechs Banken und Versicherungen, die von den Änderungen vom 31. Mai 2021 betroffen sind.

Rechtlich basiert diese neue Verpflichtung für Banken auf den Vorschriften zur Offenlegung des Eigenkapitals, d. h. Art. 3g. BankG und 16 ERV, die sich auf die Säule 3 der Basler Standards beziehen. Für Versicherungen handelt es sich um die in den Artikeln 25 VAG und 111a der AVO verankerten Transparenzpflichten, die sich aus den Core Principles der International Association of Insurance Supervisors ergeben. Diese Rechtsgrundlagen wurden nicht zur Regulierung von Klimarisiken konzipiert und werden daher als „Vehikel“ genutzt, um die TCFD-Empfehlungen in das Schweizer Recht zu integrieren.

Unserer Meinung nach gehen die Änderungen der Rundschreiben 2016/1 und 2016/2 jedoch über eine „einfache“ Veröffentlichungspflicht hinaus. Indem die FINMA den Klimawandel als finanzielles Risiko bezeichnet und Banken und Versicherungen verpflichtet, öffentlich zu machen, wie sie dieses Risiko managen, ermutigt sie diese Institutionen tatsächlich, sich von Aktivitäten mit starken Umweltauswirkungen zu distanzieren und sich grünen und nachhaltigen Projekten zuzuwenden. Dieses Ziel ist auch in den Empfehlungen der TCFD enthalten. Die Intervention der FINMA hat daher den Effekt – wenn nicht gar das Ziel –, das Verhalten der Beaufsichtigten indirekt zu beeinflussen, ohne ihnen jedoch entsprechende Verpflichtungen direkt und explizit aufzuerlegen. Diese Maßnahme hat daher alle Anzeichen eines Nudge, der die Banken ermutigt, sich aktiver am Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu beteiligen. Es überrascht übrigens nicht, dass die Offenlegungspflichten in den Arbeiten von Thaler und Sunstein ausdrücklich als Beispiel für einen Nudge genannt werden.

Die Einführung dieser Regulierungsmethode ist lobenswert, da sie es ermöglicht, die Länge und Komplexität der Regulierung zu begrenzen. Allerdings gibt es einen Wermutstropfen : Sunstein und Thaler empfehlen den Behörden, in Bezug auf die Ziele und Auswirkungen ihrer Nudges (Anstupser) vollständig transparent zu sein. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn sich die FINMA darauf eingelassen hätte und die konkreten Auswirkungen dieser neuen Regulierung für ihre Beaufsichtigten ausdrücklich anerkannt hätte.