Auslieferung an die USA
Das Bundesgericht präzisiert den Begriff des sekundären Insiders

Yannick Caballero Cuevas
(Übersetzt von DeepL)
In einem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 1C_196/2021 vom 28. Mai 2021 präzisiert das Bundesgericht den Begriff des sekundären Insiders im Sinne von Art. 154 Abs. 3 FinfraG im Rahmen eines Auslieferungsersuchens.
Am 5. Januar 2021 beschließt das Bundesamt für Justiz (BJ), eine Person A. (Beschwerdeführer) an die Vereinigten Staaten auszuliefern. Ihm wird vorgeworfen, von 2013 bis 2017 in großem Umfang Insidergeschäfte getätigt zu haben. Tatsächlich sollen A. und ein Komplize über einen Mittelsmann Insiderinformationen in Bezug auf ein börsennotiertes Biotechnologieunternehmen und zwei Investmentbanken erhalten haben. Diese Informationen hätten es ihnen ermöglicht, Einnahmen in Höhe von mehreren Millionen Dollar zu erzielen. Darüber hinaus hätten sie Maßnahmen ergriffen, um ihre Aktivitäten zu verschleiern und die auf diese Weise erzielten Einnahmen zu waschen. Schließlich hätten sie dem Vermittler Geld gezahlt, damit dieser ihnen Informationen von den primären Insidern übermittelt.
Das BJ stellt fest, dass diese Tatsachen nach schweizerischem Recht insbesondere eine Anstiftung zur Verletzung des Berufsgeheimnisses (Art. 147 Abs. 1 Bst. b FinfraG), die Erlangung eines Vermögensvorteils (Art. 147 Abs. 1 Bst. c und Abs. 2 FinfraG) und letztlich ein sekundäres Insiderdelikt (Art. 154 Abs. 3 FinfraG) darstellen könnten. Gegen den Auslieferungsbeschluss wurde daraufhin Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts eingelegt, die diese jedoch ablehnte (siehe RR.2021.24).
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten macht der Beschwerdeführer geltend, dass der vorliegende Fall zwei Rechtsfragen aufwerfe, nämlich (i) ob das Günstigkeitsprinzip anwendbar sei, wenn die im schweizerischen Recht vorgesehene Höchststrafe niedriger sei als die im Auslieferungsvertrag mit den Vereinigten Staaten (TExUS) festgelegte Schwelle, und (ii) ob die Voraussetzung der beiderseitigen Strafbarkeit im Bereich der Auslieferung erfüllt ist. Letztere Frage ist für uns von Interesse und wird in diesem Kommentar behandelt, da das Günstigkeitsprinzip vom Bundesgericht bereits in mehreren Urteilen anerkannt wurde (siehe BGE 145 IV 294 c. 2.1, BGE 142 IV 250 c. 3). In seiner ständigen Rechtsprechung zu diesem Thema stellt das Bundesgericht fest, dass das Bestehen eines Auslieferungsvertrags die Schweiz nicht daran hindert, ihre Zusammenarbeit auf der Grundlage der weiter gefassten Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts zu gewähren.
Das Bundesgericht analysiert zunächst Art. 2 Abs. 1 TExUS. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Auslieferung gewährt wird, wenn der Täter nach dem Recht beider Vertragsparteien mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung von mehr als einem Jahr bedroht ist, wodurch die Auslieferung in Bagatellfällen ausgeschlossen wird. Die doppelte Strafbarkeit bedeutet jedoch nicht, dass die Strafnormen identisch sind (Art. 2 Abs. 2 lit. a TExUS). Tatsächlich führt die mit dem Auslieferungsersuchen befasste Behörde eine prima facie Prüfung der Strafbarkeit der verfolgten Straftaten nach schweizerischem Recht durch. So werden die im Ersuchen dargelegten Tatsachen so geprüft, als hätten sie sich in der Schweiz ereignet.
Das Bundesgericht prüft dann Art. 154 Abs. 3 FinfraG, der vorsieht, dass sekundäre Insider, d. h. Personen, die die Information von einem primären Insider erhalten haben oder die sie durch ein Verbrechen oder Vergehen erhalten haben, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft werden. Der Art. 154 Abs. 4 FinfraG sieht vor, dass Zufallsinsider mit einer einfachen Ordnungsbusse bestraft werden. Ein Zufallsinsider ist eine Person, die die Information entweder zufällig oder unter Umständen erhalten hat, unter denen die Informationsquelle nicht ermittelt werden kann.
Die Frage ist also, ob Art. 154 Abs. 3 FinfraG eine Weitergabe der Insiderinformation an mehrere Personen vom Primärinsider zulässt oder nicht. Mit anderen Worten : ob sich eine Person, die eine Insiderinformation von einem Sekundärinsider (und nicht von einem Primärinsider) erhalten hat, eines Sekundärinsiderhandels nach Art. 154 Abs. 3 FinfraG schuldig macht.
In seinen Erwägungen erinnert das Bundesgericht zunächst daran, dass die alte Bestimmung, nämlich Art. 161 Abs. 2 aStGB über die Ausnutzung der Kenntnis vertraulicher Tatsachen, sowohl die direkte als auch die indirekte Weitergabe von Informationen durch einen Insider betraf. Wer von einer Insiderinformation profitiert, die über eine Insiderkette weitergegeben wird, ist als sekundärer Insider im Sinne von Art. 154 Abs. 3 FinfraG zu betrachten, sofern die Informationskette nicht unterbrochen ist und die Informationsquelle zurückverfolgt werden kann. Darüber hinaus fügt das Bundesgericht hinzu, dass, auch wenn die in Art. 161 Abs. 2 aStGB enthaltene Präzisierung nicht in Art. 154 Abs. 3 FinfraG übernommen wurde, der Erhalt von Insiderinformationen durch Vermittlung eines Dritten unter diese Bestimmung fallen muss.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Auslieferung in Anwendung von Art. 154 Abs. 3 FinfraG gewährt werden kann, da der Beschwerdeführer Informationen von Vermittlern erhalten haben soll, obwohl er wusste, dass diese Informationen von Primärinsidern stammten. Darüber hinaus kannte er die Identität der Insider und soll sie mit einem Teil des Erlöses aus den Straftaten bezahlt haben. Daher weist das Bundesgericht seine Beschwerde zurück.
Dieses Urteil präzisiert daher den Begriff des sekundären Insiders und erweitert ihn auf Personen, die die Informationen über einen Vermittler erhalten haben, aber die Quelle der Insiderinformationen kannten. Das Bundesgericht nimmt damit eine extensive Auslegung des Begriffs des sekundären Insiders vor, die auf Art. 161 Abs. 2 aStGB basiert. Gemäß dieser neuen Rechtsprechung müssen zwei Bedingungen erfüllt sein, nämlich (i) die Informationskette darf nicht unterbrochen sein und (ii) es muss möglich sein, die Informationsquelle zurückzuverfolgen.