Öffentliche Übernahmeangebote
Die Wiederherstellung der Angebotspflicht, eine fortdauernde Rechtsunsicherheit

Lukaz Samb
(Übersetzt von DeepL)
Am 4. November 2021 erließ die Übernahmekommission eine Verfügung 795/01, in der der Aktionärsgruppe der Familie Hoffmann (im Folgenden : die Antragsteller) im Rahmen eines geplanten Rückkaufs eigener Aktien, die von Novartis gehalten werden, eine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt wurde.
Um ihre Beteiligung zu reduzieren, hat die Firma Novartis Gespräche mit dem Verwaltungsrat von Roche aufgenommen, um den Rückkauf und die Annullierung von 53,3 Millionen Roche-Aktien zu veranlassen. Dadurch würde sich die Beteiligung der Kläger, die 45,01 % der Stimmrechte hielten, auf 67,5 % erhöhen. Die Antragsteller wären daher gezwungen, ein öffentliches Übernahmeangebot zu unterbreiten, da ihre Beteiligung die in Art. 37 FinfraV-FINMA festgelegte Schwelle von 50 % der Stimmrechte überschreiten würde. Um dieser Verpflichtung nicht nachkommen zu müssen, haben die Gesuchsteller bei der UEK beantragt, ihnen eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu gewähren (Art. 136 Abs. 1 lit. b FinfraG).
Die UEK prüfte zunächst, ob die Gesuchsteller der Angebotspflicht unterliegen, und überprüfte dann die Möglichkeit, eine Ausnahme zu gewähren.
In Bezug auf die Angebotspflicht bestritten die Antragsteller sowohl die Rechtmäßigkeit von Art. 37 FinfraV-FINMA als auch dessen Auslegung im vorliegenden Fall.
Mit Inkrafttreten des alten Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (aBEHG) wurde ein doppeltes System der Angebotspflicht eingeführt, um bestimmten Mehrheitsaktionären Rechnung zu tragen, die nicht zur Unterbreitung eines Angebots verpflichtet gewesen wären, da sie bereits mehr als 33⅓ % der Stimmrechte einer Zielgesellschaft besaßen. Gemäß Art. 52 aLBVM (jetzt Art. 163 Abs. 1 LIMF) wäre ein Aktionär, der mehr als 33⅓ %, aber weniger als 50 % der Stimmrechte hält, ab Inkrafttreten des Gesetzes ebenfalls dem Pflichtangebot unterworfen, wenn er die Schwelle von 50 % überschreitet. Die Aktionäre, die mehr als 50 % hielten, waren daher weder dem Pflichtangebot (Art. 32 Abs. 1 BEHG ; jetzt Art. 135 Abs. 1 FinfraG) noch der zusätzlichen Anforderung von Art. 52 aBEHG unterworfen, was bei den Antragstellern der Fall war, die mehr als 50 % der Roche-Aktien hielten.
Die damals zuständige Eidgenössische Bankenkommission hatte jedoch von ihrem in Art. 32 Abs. 6 aBEHG (heute Art. 135 Abs. 4 FinfraG) verankerten gesetzgeberischen Vorrecht Gebrauch gemacht, um auf dem Verordnungsweg eine zusätzliche Verpflichtung vorzusehen. Art. 31 BEHV-EBK (heute Art. 37 FinfraV-FINMA) sah vor, dass jeder, der mehr als 50 % der Stimmrechte hielt, auch dann zur Unterbreitung eines Angebots verpflichtet war, wenn seine Beteiligung unter die Schwelle von 50 % sank und wieder überschritten wurde.
Die herrschende Lehre ist der Ansicht, dass diese Norm über den gesetzlichen Auftrag des aLBVM hinausgeht, der bei Inkrafttreten des aLBVM keine zusätzliche Verpflichtung für Aktionäre vorsah, die mehr als 50 % der Stimmrechte halten. Das Bundesgericht, das mit dieser Frage in der BGE 130 II 530 konfrontiert war, hatte die Frage offen gelassen (c. 5.1.3).
Hinzu kommt, dass sich die französische Fassung von Art. 37 OIMF-FINMA auf « quiconque » bezieht, was darauf hindeutet, dass eine Gruppe von Aktionären dieser Verpflichtung unterliegen könnte, während sich die deutsche Fassung auf « eine Person » bezieht, was den Anwendungsbereich einschränken würde.
In dieser Entscheidung hat die UEK beschlossen, sich zu diesen beiden Fragen nicht zu äußern, da die Antragsteller ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Pflichtangebot erfüllen.
Gemäß Art. 136 Abs. 1 lit. b FinfraG kann die UEK eine Ausnahme gewähren, wenn die Überschreitung des Schwellenwerts auf eine Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte der Gesellschaft zurückzuführen ist. Unter Berücksichtigung der finanziellen Folgen eines Pflichtangebots haben das Bundesgericht und die FINMA den Beaufsichtigten das Recht auf eine Ausnahme zugestanden, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen und keine Umgehungsindizien erkennbar sind (BGE 130 II 530, E. 7.4. 3 ; Entscheid der FINMA vom 6. Dezember 2019 in Sachen SCHMOLZ+BICKENBACH AG, Rz. 35).
Die UEK erinnert zunächst an ihre Praxis in den Empfehlungen 27/01 vom 25. Februar 1999 in der Sache Julius Bär Holding AG, Ziff. 5.2 und 93/01 vom 2. April 2001 in der Sache Helvetia Patria Holding AG, Ziff. 1.2 und 3 sowie in einer nicht veröffentlichten Entscheidung 589/01 vom 11. Februar 2015. Ihrer Ansicht nach muss die Erhöhung der Beteiligung des Antragstellers grundsätzlich unabhängig von seinem Willen erfolgen, um in den Genuss einer Ausnahme nach Art. 136 Abs. 1 lit. b FinfraG zu kommen.
Im vorliegenden Fall deutet nichts darauf hin, dass der Rückkauf und die Annullierung der Aktien dem Willen der Antragsteller unterliegen. Nicht sie, sondern Novartis hat die Transaktion initiiert und ausgehandelt, wobei die Vertreter der Antragsteller im Verwaltungsrat bei der Abstimmung über die Genehmigung dieses Beschlusses in den Ausstand getreten sind. Die Antragsteller haben sich lediglich verpflichtet, den Beschluss in einer Hauptversammlung zu genehmigen. Sie sind daher nur an der Durchführung der Transaktion beteiligt, nicht aber an ihrer Ausarbeitung. Schließlich kontrollieren die Antragsteller die Gesellschaft bereits vor der Transaktion aufgrund ihrer effektiven Teilnahme an der Hauptversammlung (faktische Kontrolle), was sich auch durch die Erhöhung der Stimmrechte auf 67,5 % nicht ändert.
Diese Entscheidung erinnert uns daran, wie wichtig es für die UEK ist, dass die Erhöhung der Beteiligung des Antragstellers unabhängig von seinem Willen erfolgt, wenn er eine Ausnahme vom obligatorischen Angebot auf der Grundlage von Art. 136 Abs. 1 lit. b FinfraG beantragt. Es ist bedauerlich, dass die UEK nicht die Gelegenheit genutzt hat, um über die Anwendbarkeit von Art. 37 FinfraV-FINMA zu entscheiden, da die Antragsteller nicht die einzigen Aktionäre einer börsennotierten Gesellschaft sind, die in Zukunft damit konfrontiert werden könnten.