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IT-Vertrag

Eine Kündigung im Wert von CHF 60 Millionen

(Übersetzt von DeepL)

Nachdem sich die Beziehungen zwischen einem großen IT-Dienstleister und einer Genfer Bank verschlechtert hatten, befasste sich der Justizgerichtshof des Kantons Genf in einem Urteil vom 4. Oktober 2022 (ACJC/1497/2022) kürzlich mit verschiedenen Problemen im Zusammenhang mit einem IT-Vertrag.

Im Jahr 2006 beschloss eine Genfer Bank, ihr Informatiksystem zu migrieren. Sie schliesst eine Reihe von Verträgen mit einer Zürcher Firma ab, die diese Migration durchführen und anschliessend den Betrieb des Systems sicherstellen soll. Der Vertrag sieht eine Laufzeit von 5 Jahren vor, die auf Antrag der Bank um 12 Monate verlängert werden kann. Eine Klausel ermöglicht die Kündigung aus wichtigem Grund.

Ende 2007 übernimmt ein großer IT-Dienstleister das Zürcher Unternehmen. Daraufhin unterzeichnete er einen Zusatzvertrag mit der Bank, der eine Änderung des Fakturierungssystems vorsah. Schon bald kam es zu Meinungsverschiedenheiten über die Vergütung des Dienstleisters.

Nach zahlreichen Meinungsverschiedenheiten, insbesondere über seine Vergütung, kündigte der Dienstleister die Verträge am 15. Februar 2010 fristlos und erklärte, dass er seine Leistungen nicht mehr bis Ende des Monats erbringen werde. Er bot jedoch an, seine Leistungen während einer Übergangszeit gegen einen Pauschalpreis zu erbringen. Die Bank nahm das Angebot an und betonte, dass sie sich dazu gezwungen sehe. Im Juni 2010 erwirkte sie vorsorgliche Massnahmen, damit der Anbieter die Hosting- und Datenintegrationsleistungen bis zur Übernahme durch einen neuen Anbieter weiter erbringen muss. Im März 2011, nachdem das IT-System von einem Dritten übernommen worden war, erklärte die Bank den Vertrag über die Übergangszeit für ungültig.

Die Bank reichte eine Klage auf Zahlung von über CHF 60 Mio. ein, die der Dienstleister mit einer Widerklage beantwortete. Das erstinstanzliche Gericht verurteilte ihn dazu, die Bank mit rund CHF 35 Millionen zu entschädigen, und wies seine Widerklage ab.

Auf Berufung bestätigt der Gerichtshof zunächst, dass die Parteien durch einen unbenannten Dauervertrag gebunden sind, der hauptsächlich Aspekte eines Werkvertrags aufweist. Der Dienstleister kritisiert nicht die Qualifizierung, sondern die vom Gericht vorgenommene Auslegung des Vertrags in Bezug auf seine Vergütung. Er behauptet, dass seine gesamten Leistungen nach „reiner Regie“ (d. h. nach der Anzahl der geleisteten Stunden) abrechenbar waren, während das Gericht feststellte, dass ein Teil der Leistungen nach subjektiver und objektiver Auslegung des Vertrags durch eine Pauschale festgelegt worden war. Der Gerichtshof weist die Kritik des Dienstleisters zurück. Er ist der Ansicht, dass er sich der Pauschal- und Höchstpreise bewusst war, als er die Verträge übernahm, dass er jedoch hoffte, später günstigere Bedingungen zu erhalten. Er wies jedoch nicht nach, dass die Bank einer Änderung der Vergütung wie von ihm gewünscht zugestimmt hätte.

In einem zweiten Schritt hielt das Gericht fest, dass der Dienstleister den Vertrag mit der Begründung gekündigt hatte, die in Rechnung gestellten Beträge seien nicht gezahlt worden. Diese waren jedoch aufgrund der oben genannten Auslegung des Vertrags in Wirklichkeit nicht geschuldet, weshalb die Kündigung in den Augen des Gerichts ungerechtfertigt war. Das Gericht betont sogar, dass die Nichtzahlung nicht der eigentliche Grund für die Kündigung durch den Anbieter war. Dieser habe ihn aufgrund eines unterschiedlichen Verständnisses der Verträge, insbesondere seiner Vergütung, gekündigt. Dies stellt daher keinen wichtigen Grund dar.

Da keine gerechtfertigte Kündigung vorliegt, muss die Bank so gestellt werden, wie sie stehen würde, wenn der Dienstleister seinen Verpflichtungen nachgekommen wäre (positiver Schadensersatz). Daher muss der – notwendigerweise hypothetische – Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags bestimmt werden. Im vorliegenden Fall hätte die Bank den Vertrag höchstwahrscheinlich um ein Jahr verlängert – dieses einseitige Recht war vertraglich vorgesehen -, doch der Dienstleister hätte dann eine weitere Verlängerung abgelehnt.

Außerdem enthielt der Vertrag eine Haftungsbeschränkungsklausel, die das Gericht aufgrund eines schweren Fehlers des Dienstleisters außer Kraft setzte. Das Gericht bestätigte die Unwirksamkeit der Klausel, nahm jedoch eine Substitution der Begründung vor. Der Dienstleister habe nämlich arglistig gehandelt, als er sich weigerte, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Die Berufung des Dienstleisters auf zwei kurze Rechtsgutachten, die seiner Meinung nach die Leistungsverweigerung rechtfertigen, hat keinen Beweiswert, da es sich hierbei lediglich um Behauptungen handelt.

Was schließlich die Ungültigkeitserklärung des Vertrags für die Übergangszeit durch die Bank betrifft, stellte das Gericht fest, dass der Dienstleister unzulässigen Druck auf die Bank ausgeübt hatte, so dass sie den Vertrag rechtmäßig auflösen konnte. Das Gericht stimmte dem zu und betonte, dass die Bank durch die Annahme des Übergangsvertrags ihren Schaden gemäß Art. 44 Abs. 1 OR verringern konnte. Der Anbieter kritisiert zudem, dass die Auflösung nach der einjährigen Verwirkungsfrist (Art. 31 OR) erfolgte. Das Gericht entgegnet ihm, dass die Einrede der begründeten Befürchtung auch nach Ablauf dieser Frist noch erhoben werden kann.

Dieses Urteil veranschaulicht die Komplexität von IT-Verträgen, insbesondere die Methode der Vergütung des Dienstleisters sowie die Kündigung von Verträgen. In casu kam die Bank glücklicherweise gut davon, da es ihr gelang, nach der ungerechtfertigten Kündigung durch den Dienstleister vorsorgliche Massnahmen zu erwirken.

Im Gegensatz dazu gerät die Bank, wenn sie selbst den Vertrag kündigen möchte, aufgrund der praktischen Komplexität und der Kosten, die mit dem Wechsel des Anbieters verbunden sind, oft in die heikle Situation eines vendor lock-in. Wenn dieser die Abhängigkeit der Bank ausnutzt, um neue Klauseln durchzusetzen, könnte das Gericht die Ungültigkeit des unter Zwang geschlossenen Vertrags aufgrund einer begründeten Furcht bestätigen, wie in dem kommentierten Urteil festgehalten. Die vorgelagerte vertragliche Lösung besteht darin, in den IT-Vertrag eine Reversibilitätsklausel aufzunehmen, die insbesondere die Rechte und Pflichten der Parteien während der Übergangszeit zu einem neuen Anbieter oder während des Re-Outsourcings der IT-Abteilung regelt.