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Betrügerische Anweisungen

Folgen der mangelhaften Sorgfalt des Kunden

(Übersetzt von DeepL)

Das Urteil des Bundesgerichts 4A_539/2021 vom 21. Februar 2023 ist ein weiteres Beispiel für die Methodik, die unser Obergericht bei der Erfassung der rechtlichen Folgen betrügerischer Aufträge anwendet. In diesem Urteil wird der Grundsatz verankert, dass bei betrügerischen Aufträgen, die vom Konto des Kunden aus ausgeführt werden, die Schadensverteilung durch Gewichtung der jeweiligen Verfehlungen zu ermitteln ist, wenn sowohl der Kunde als auch die Bank Sorgfaltspflichtverletzungen zu verantworten haben.

Die Sachlage kann wie folgt zusammengefasst werden. Im Jahr 1992 eröffnet ein Kunde eine Bankbeziehung bei einer Bank. Im Jahr 2013 erteilt der Kunde seiner Bank per E-Mail – dem üblichen Kommunikationsmittel – einen Auftrag in Höhe von EUR 200’000.

In der zweiten Hälfte des Monats Oktober 2013 kommt die Bank vier von der üblichen E-Mail-Adresse des Kunden erteilten Aufträgen nach, indem sie am 15., 18., 24. und 31. Oktober 2013 jeweils Überweisungen in Höhe von EUR 60’000, EUR 200’000, USD 800’000 und USD 400’000 tätigt.

Am 22. Oktober 2013 hatte der Kunde bei seiner Bank einen Kontoauszug angefordert, der am nächsten Tag (23. Oktober 2013) übermittelt wurde. Einen Monat später (29. November 2013) forderte der Kunde bei seiner Bank, ebenfalls per E-Mail, einen aktualisierten Kontostand an. Der Kunde erkennt daraufhin Unregelmäßigkeiten und informiert seine Bank umgehend darüber. Es stellte sich heraus, dass die vier genannten Aufträge von einem Betrüger erteilt worden waren, der auch den Kontoauszug vom 23. Oktober gefälscht hatte, um die ersten beiden betrügerischen Abbuchungen zu verschleiern.

Nachdem sich die Bank geweigert hatte, den Kunden zu entschädigen, klagte dieser vor den Tessiner Gerichten. Die beiden Tessiner Kantonsinstanzen gaben dem Kunden teilweise Recht und ordneten die Rückerstattung der ersten beiden strittigen Überweisungen an, erkannten jedoch eine Teilforderung der Bank gegen den Kunden in Bezug auf die letzten beiden Transaktionen an : Die Bank haftete für 2/5 des Schadens, die restlichen 3/5 musste der Kunde tragen. Die Entschädigung des Kunden beläuft sich somit auf EUR 260’000 (100 % der ersten beiden Überweisungen) und USD 480’000 (40 % der letzten beiden Überweisungen).

Das Bundesgericht, das mit einer Beschwerde des Kunden befasst ist, erinnert zunächst an seine Argumentation in „drei Schritten“, um zu bestimmen, wer zwischen der Bank und dem Kunden den aus betrügerischen Aufträgen resultierenden Schaden zu tragen hat (vgl. BGE 146 III 121, kommentiert in cdbf.ch/1135).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Auftrag „ohne Auftrag“ erteilt wurde (Schritt 1) und dass keine Risikoübertragungsklausel vereinbart wurde (Schritt 2). Somit bleibt nur die Frage strittig, ob ein Anspruch der Bank gegen den Kunden besteht, den sie mit der Forderung des Kunden verrechnen könnte (Schritt 3).

In dieser Hinsicht hatte das Berufungsgericht des Kantons Tessin eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Kunden angenommen, da er die Unregelmäßigkeit des am 23. Oktober 2013 erhaltenen Auszugs weder bemerkt noch darauf hingewiesen hatte. Dieser wies jedoch offenbar deutliche Anzeichen von Fälschungen auf (Unstimmigkeiten bei den Zahlen und der Schriftart), die laut Bundesgericht für den Kunden leicht erkennbar gewesen wären, wenn er das Dokument auf seinem Computer vergrößert hätte. Außerdem waren diese Unregelmäßigkeiten selbst für einen Anfänger im Finanzwesen leicht erkennbar, und erst recht für den Kunden, der Experte für Börseninvestitionen war. Hätte der Kunde bei Anwendung der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt diese Hinweise auf eine Fälschung erkannt und die Bank informiert, wären die beiden letzten betrügerischen Aufträge nicht ausgeführt worden.

Was die Bank betrifft, so stellte das kantonale Gericht fest, dass diese ihre internen Richtlinien nicht eingehalten hatte, die insbesondere bei Aufträgen, die eine Schwelle von CHF 500’000 überschreiten, zusätzliche Abklärungen verlangen. Zudem hätte der ungewöhnliche Charakter sowohl des Inhalts der Aufträge (unerwartete Immobilientransaktionen, die in einem Kontinent – Asien – durchgeführt wurden, in dem der Kunde weder wirtschaftliche Interessen noch besondere Bindungen hatte) als auch des Zeitpunkts, zu dem sie ausgeführt wurden (Immobilienaktivitäten waren selten gewesen und zwei Belastungsaufträge im Abstand von einigen Tagen waren ungewöhnlich), die Bank alarmieren müssen.

Angesichts dessen kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass die Unterlassungen der Bank den Kausalzusammenhang zwischen dem Verschulden des Kunden und dem von der Bank erlittenen Schaden nicht unterbrechen, weshalb die Bank über eine Forderung (in Höhe von 60 % der Forderung des Kunden – wobei das Bundesgericht die von der zweiten kantonalen Instanz vorgenommene Gewichtung nicht in Frage stellt) verfügt, die sie als Gegenleistung einwenden kann.

Dieses Urteil illustriert die Bedeutung von Schritt 3 in der traditionellen Argumentation in „drei Schritten“, die das Bundesgericht in einer Reihe von Rechtsprechungen seit Dezember 2019 entwickelt hat (BGE 146 III 121, besprochen in cdbf.ch/1135 ; BGE 146 III 326, besprochen in cdbf.ch/1150/ ; BGE 146 III 387, besprochen in cdbf.ch/1160/).

Es ist zudem erstaunlich, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank keine Risikoübertragungsklausel enthielten (dito : BGE 146 III 121 und BGE 146 III 387, aber im Gegensatz zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die BGE 146 III 326 zugrunde lagen), die heute zum Marktstandard gehört. Eine solche Klausel (die in Schritt 2 der Methodik des Bundesgerichts analysiert wird) gilt jedoch nicht, wenn ein schweres Verschulden der Bank angenommen wird, bzw. eine solche Klausel kann vom Richter für nichtig gehalten werden, wenn ein leichtes Verschulden der Bank vorliegt (Art. 100 Abs. 1 und 2 analog ; BGE 146 III 326, Erw. 6.1). Somit behält in einem solchen Fall Schritt 3, der Gegenstand des hier vorgestellten Urteils ist, seine volle Relevanz.