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Nachweis des Anlageschadens

Die Passivhypothese ist nach wie vor ungenügend

(Übersetzt von DeepL)

Was sind die Beweisanforderungen für einen Anlageschaden in einem Anlageberatungsverhältnis ? Im Urteil 4A_131/2022 vom 20. Juni 2023 erinnerte das Bundesgericht daran, dass sich der Kunde nicht nur darauf berufen kann, ohne Beweismittel vorzubringen, dass der Schaden zu schwer zu beziffern sei oder dass keine Investition getätigt worden wäre, wenn die Bank ihn angemessen beraten hätte (siehe auch 4A_202/2019 kommentiert in Laurent Hirsch, cdbf.ch/1110/).

Zwischen März 2012 und Mai 2013 unterhielt ein Kunde bei der Niederlassung einer Bank eine Anlageberatungsbeziehung mit einem aggressiven Profil. Da der Kunde mit dem Ergebnis seiner Anlagen unzufrieden war, reichte er etwa ein Jahr nach Beendigung der Bankbeziehung eine Haftungsklage gegen die Bank ein. Sein Schaden, den er auf EUR 232’616.25 beziffert, setzt sich wie folgt zusammen : (1) EUR 88’000.- im Zusammenhang mit zwei Devisengeschäften und (2) EUR 144’616.25 im Zusammenhang mit drei Transaktionen, die auf ein von der Bank empfohlenes strukturiertes Produkt ausgeführt wurden.

Der Pretore del Distretto di Lugano gab der Forderung des Kunden teilweise statt und verurteilte die Bank zur Zahlung von EUR 144’616.25 (unter Ausschluss der Forderung im Zusammenhang mit den Devisengeschäften). Auf die Berufung der Bank und die Anschlussberufung des Kunden hin gab das Tribunale d’appello der Bank Recht und wies alle Forderungen des Kunden ab. Der Kunde legte daraufhin beim Bundesgericht Berufung ein.

In Bezug auf die Devisengeschäfte war der Kunde der Ansicht, dass diese ohne sein Wissen getätigt worden waren. Seine Argumentation überzeugt das Bundesgericht nicht. Es ist der Ansicht, dass die kantonale Instanz nicht willkürlich gehandelt hat, als sie feststellte, dass der Kunde die Devisengeschäfte selbst in Auftrag gegeben hatte und somit davon Kenntnis hatte.

In Bezug auf die verschiedenen Investitionen in das strukturierte Produkt erinnert das Bundesgericht daran, dass bei einem Auftragsverhältnis der Kläger die Beweislast für den Schaden trägt (Art. 8 ZGB). Infolge einer mangelhaften Erfüllung eines Anlageberatungsvertrags entspricht der Schaden grundsätzlich der Differenz zwischen (i) dem hypothetischen Wert des Vermögens, wenn die Investitionen vertragskonform gewesen wären, und (ii) dem tatsächlichen Wert der vertragswidrig getätigten Investitionen (Berechnung nach der „Alternativanlagehypothese“).

Ausnahmsweise, wenn der Kunde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachweist, dass er ohne Vertragsverletzung keine alternativen Anlagen getätigt hätte (z. B. ohne die strittige Beratung), kann der Schaden ermittelt werden, indem die Differenz zwischen (i) dem ursprünglichen Anlagebetrag und (ii) dem tatsächlichen Wert der vertragswidrig getätigten Anlagen berechnet wird (Berechnung nach der „passiven Hypothese“). Diese Methode kommt dem Kunden zugute, da er keine hypothetischen Investitionen erstellen muss.

Im vorliegenden Fall stützt sich der Kunde bei der Ermittlung seines Schadens ausschließlich auf die passive Hypothese. Er ist der Ansicht, dass es nicht möglich ist, ein hypothetisches Portfolio aufzubauen, das vertragskonform verwaltet wird. In Bezug auf seine letzte Investition in das strukturierte Produkt argumentiert der Kunde zudem, dass diese Transaktion nur getätigt wurde, um den Verlust aus den umstrittenen Devisengeschäften zu decken, weshalb die passive Hypothese Anwendung finden sollte.

Laut Bundesgericht weist der Kunde nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nach, dass er bei vertragsgemäßer Erfüllung des Vertrags keine Investition getätigt hätte. Das aggressive Profil des Kunden belegt sein Interesse an einer aktiven Anlage seiner Vermögenswerte und stärkt diese Schlussfolgerung ebenfalls.

Da keine Situation vorliegt, die zur Anwendung der passiven Hypothese führt, obliegt es dem Kunden, den Schaden zu beweisen und zu beziffern, indem er seine Berechnung auf hypothetische vertragskonforme Investitionen stützt, was der Kunde im vorliegenden Fall nicht getan hat.

Daher bestätigte das Bundesgericht die kantonale Entscheidung, mit der die Schadenersatzforderung abgelehnt wurde.

Der Entscheid erinnert daran, wie wichtig es ist, ausreichende Beweismittel zu behaupten und anzubieten, um den genauen und konkreten Schaden zu beweisen, den der Kunde erlitten hat. Dazu muss der Kunde den hypothetischen Wert des Vermögens berechnen, wenn die Investitionen vertragsgemäß erfolgt wären, auch wenn sich dies in der Praxis als kompliziert und kostspielig erweisen kann.

Wenn der Kunde ausnahmsweise mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachweisen kann, dass keine Investitionen getätigt worden wären, wenn die Bank ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht verletzt hätte, kann er seinen Schaden unter Verwendung der passiven Hypothese beziffern. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Vertragsverletzung bei der Erstberatung oder bei einer einmaligen Beratung erfolgt (4A_297/2019 kommentiert in Célian Hirsch, cdbf.ch/1141/).

Schließlich ist zu beachten, dass sich diese Anforderungen an den Nachweis des Schadens auf das Anlageberatungsverhältnis beziehen, das sich vom Vermögensverwaltungsvertrag unterscheidet. Bei einer Vermögensverwaltungsbeziehung obliegt es der Bank und nicht dem Kunden, die hypothetische Entwicklung eines vertragsgemäss verwalteten Portfolios zu beweisen (4A_449/2018 kommentiert in Célian Hirsch, cdbf.ch/1061/).

Es stellt sich die Frage nach der Natur dieser Unterscheidung, die zu weitreichenden Konsequenzen für den Kunden führt. Denn die Asymmetrie der Informationen und des Fachwissens zwischen Kunde und Bank unterscheidet sich nicht unbedingt je nach Art der Beziehung (Beratung oder Verwaltung). Außerdem kann es, selbst wenn die endgültige Anlageentscheidung bei einem Anlageberatungsverhältnis beim Kunden liegt, für den Kunden schwierig sein, eine Anlagehypothese zu behaupten, die auf der Beratung beruht, die die Bank vorgenommen hätte, wenn sie vertragsgemäß gehandelt hätte.