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Retrozessionen und execution only

Die Saga vor dem Handelsgericht geht weiter

(Übersetzt von DeepL)

Die Problematik rund um die Rückerstattung von Retrozessionen lässt sich auf zwei Fragen herunterbrechen : (i) Muss eine Retrozession an den Kunden zurückerstattet werden ? Falls ja, (ii) wie viele Informationen muss der Kunde erhalten, um rechtsgültig auf eine solche Rückerstattung verzichten zu können ?

Im Urteil HG210223-O vom 21. Juni 2023 (rechtskräftig) bestätigt das Zürcher Handelsgericht seine Rechtsprechung, wonach eine Bank, die mit ihrem Kunden durch ein execution only-Verhältnis verbunden ist, zur Rückgabe verpflichtet ist. Das Gericht macht auch neue Klarstellungen zum Verzicht auf das Recht auf Rückgabe. Neben dieser klassischen Analyse befasst sich das Urteil auch mit der Gültigkeit einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Verzichtsklausel.

Zwei in Deutschland wohnhafte Ehegatten eröffneten ein Bankkonto und unterhielten eine Execution-Only-Beziehung bei der Zürcher Niederlassung einer Schweizer Bank. Zwischen 2009 und 2013 investieren die Ehegatten ihr Vermögen in verschiedene Finanzprodukte, darunter auch kollektive Kapitalanlagen. Die Bank erhält in diesem Zeitraum Retrozessionen in Höhe von CHF 58’944.

In ständiger Rechtsprechung vertritt das Bundesgericht die Auffassung, dass Retrozessionen, die in einem Vermögensverwaltungsverhältnis vereinnahmt wurden, (i) dem Kunden zurückerstattet werden müssen, es sei denn (ii) der Kunde hat rechtsgültig darauf verzichtet (4A_355/2019, kommentiert in cdbf.ch/1145/). Ein Verzicht ist gültig, wenn der Kunde eine vollständige Information erhält, die unter anderem eine Schätzung der Retrozessionen im Verhältnis zu den verwalteten Beträgen (Asset under Management) enthält.

Bisher hat das Bundesgericht jedoch die Frage offen gelassen, ob diese Rechtsprechung auch auf execution only-Verhältnisse anwendbar ist (4A_601/2021, kommentiert in cdbf.ch/1252/).

In Bezug auf die Rückgabepflicht bekräftigt das Zürcher Handelsgericht seinen Standpunkt, dass die Pflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR auch für das execution only-Verhältnis gilt, und zwar auch dann, wenn keine Interessenkonflikte vorliegen. Es ist anzumerken, dass diese Ansicht in anderen Kantonen nicht geteilt wird, z. B. in St. Gallen (HG.2018.11, c. III.3) oder Genf (JTPI/4669/2023).

In Bezug auf den Verzicht auf Rückerstattung scheint das Handelsgericht hier anzudeuten, dass eine Schätzung der Retrozessionen nach Finanzinstrumenten in einem Execution-Only-Bericht ausreichend sein könnte. Im vorliegenden Fall ist die von der Bank vorgeschlagene Verzichtsklausel jedoch nicht eindeutig und drückt nicht die Idee eines ausdrücklichen Verzichts des Kunden auf sein Recht auf Rückgabe aus. Daher verzichtete der Kunde nicht rechtsgültig auf sein Recht auf Rückgabe.

Dieses Urteil fügt der Problematik der Rückvergütungen schließlich ein neues Element hinzu, indem es in zwei Teilen die Gültigkeit der Verzichtsklausel anhand der besonderen Regeln für die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen behandelt.

Zunächst analysiert das Handelsgericht die Gültigkeit der Klausel unter dem Gesichtspunkt der Ungewöhnlichkeitsregel. Diese Regel besagt, dass objektiv und subjektiv ungewöhnliche Klauseln nicht in das Vertragsverhältnis einbezogen werden, es sei denn, die Aufmerksamkeit des Kunden wurde speziell auf die Klausel gelenkt. Im vorliegenden Fall ist die Klausel aufgrund der guten Kenntnis des Finanzsektors durch den Ehemann subjektiv nicht ungewöhnlich und daher nicht ungewöhnlich.

Zweitens befasst sich das Handelsgericht mit der Vereinbarkeit der Verzichtsklausel unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 UWG. Diese Bestimmung verbietet die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zum Nachteil eines Verbrauchers schaffen. Das Zürcher Gericht nimmt eine weite Auslegung des Verbraucherbegriffs vor, indem es den Anwendungsbereich nicht auf Leistungen des täglichen Bedarfs beschränkt (das Bundesgericht scheint diese weite Auslegung auch im Urteil 4A_54/2021, Ziff. 6.4.2, kommentiert in cdbf.ch/1208/, zu favorisieren). Ohne auf eine eingehende Analyse der anderen Voraussetzungen von Art. 8 UWG einzugehen, beschränken sich die Zürcher Richter dann auf die Feststellung, dass die Verzichtsklausel von der gesetzlichen Regelung in Art. 400 OR abweicht, ohne den Kunden wirksam darauf hinzuweisen, dass er auf ein Recht verzichtet. Diese Situation, die ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis schafft, führt zu einem Verstoß gegen Art. 8 UWG und damit zur Nichtigkeit der Verzichtsklausel.

Während die Position des Handelsgerichts zur Frage der Rückerstattung von Retrozessionen in einem execution only-Verhältnis nicht überraschend ist, sind die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Umfang der Information und der Analyse der Gültigkeit der Klausel neu. In dieser Hinsicht wirft das Urteil unserer Meinung nach drei interessante Fragen auf, die nicht spezifisch entschieden wurden :

Wenn die Rückgabepflicht hypothetisch auch für das execution only-Verhältnis gilt, wie genau muss der Umfang und die Granularität der dem Kunden zur Verfügung gestellten Informationen sein, damit dieser in einem execution only-Verhältnis wirksam auf Retrozessionen verzichtet ?
Ist eine Klausel über den Verzicht auf Retrozessionen objektiv ungewöhnlich ? Wenn ja, wäre die Klausel für den Kunden nicht einklagbar, obwohl sie ausreichende Informationen im Sinne von Art. 400 OR enthält, es sei denn (i) der Kunde verfügt, wie in diesem Urteil, über Finanzkenntnisse (was die subjektive Ungewöhnlichkeit ausschließen würde) oder (ii) seine Aufmerksamkeit wurde speziell auf die Klausel gelenkt.
Kann eine Verzichtsklausel, die die nach Art. 400 OR ausreichenden Informationen enthält, dennoch missbräuchlich im Sinne von Art. 8 UWG sein ? Gegebenenfalls wäre ein Verzicht auf Retrozessionen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen a priori schlichtweg unmöglich.

Die beiden letzten Fragen können sowohl aus der execution only-Perspektive als auch aus der Perspektive der Vermögensverwaltung oder der Anlageberatung analysiert werden.