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Import von Gold

Das Steuergeheimnis geht dem Transparenzprinzip vor

(Übersetzt von DeepL)

Das Bundesgericht hat entschieden : Das Steuergeheimnis hat Vorrang vor dem Öffentlichkeitsprinzip (zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil 1C_272/2022, das in öffentlicher Sitzung mit vier zu einer Stimme verkündet wurde).

Hintergrund des Urteils ist ein Antrag der NGO Gesellschaft für bedrohte Völker, der sich auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) stützt. Die NGO verlangte vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BZG) Zugang zu detaillierten Statistiken über die Goldeinfuhren der wichtigsten Schweizer Importeure für den Zeitraum 2014 bis 2017. Das BFDF lehnte den Antrag zunächst ab, da sich die Importeure insbesondere unter Berufung auf das Steuergeheimnis weigerten.

Der von der NGO angerufene EDÖB empfiehlt die Offenlegung der Informationen, da das Steuergeheimnis nicht gelten würde und das öffentliche Interesse an Transparenz überwiegen würde. Das BFDI folgt dieser Empfehlung, woraufhin vier Importfirmen gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen.

Das Bundesverwaltungsgericht heisst ihre Beschwerden gut ; es betrachtet das Steuergeheimnis als lex specialis zum Grundsatz der Transparenz (vgl. Hirsch, cdbf.ch/1232).

Von der NGO angerufen, muss das Bundesgericht das Verhältnis zwischen dem Öffentlichkeitsprinzip und dem Steuergeheimnis klären.

Das Ziel des BGÖ ist es, den Grundsatz des Amtsgeheimnisses zugunsten der Transparenz umzukehren. Dies vorausgesetzt, behält Art. 4 Bst. a BGÖ die Sonderbestimmungen anderer Bundesgesetze vor, die bestimmte Informationen für geheim erklären. Das Bundesgericht muss daher entscheiden, ob Art. 74 MWSTG, der das Steuergeheimnis in Bezug auf die Mehrwertsteuer vorsieht, eine solche lex specialis darstellt.

Das Steuergeheimnis ist aus zwei Gründen gerechtfertigt. Erstens schützt es die Persönlichkeit des Steuerpflichtigen und bewahrt seine Geschäftsgeheimnisse, da der Steuerpflichtige einer sehr weitgehenden Offenlegungspflicht unterliegt, die sich aus dem Steuerrecht ergibt. Zweitens fördert es die Erfüllung der Auskunftspflicht durch den Steuerpflichtigen, da er sich darauf verlassen kann, dass die den Steuerbehörden offengelegten Informationen nicht veröffentlicht werden. Somit dient es dem öffentlichen Interesse.

Nach der neueren Rechtsprechung ist das Fehlen jeglicher Überlegungen zur Koordination zwischen dem BGÖ und einer neuen Gesetzgebung eher als Indiz dafür zu werten, dass die gesetzgebende Behörde den Anwendungsbereich des BGÖ im fraglichen Bereich nicht einschränken wollte (BGE 146 II 265, Zusammenfassung in : Cuendet, LawInside.ch/933). Das MWSTG wurde 2008 revidiert, aber die Beziehung zwischen dem Steuergeheimnis und dem BGÖ wurde bei dieser Gelegenheit nicht geklärt. Davon abgesehen genießt das Steuergeheimnis einen umfassenderen Schutz als das Amtsgeheimnis und stellt daher ein qualifiziertes Geheimnis dar. Aufgrund der zentralen Bedeutung dieses Geheimnisses und seines öffentlichen Interesses wollte der Gesetzgeber das Öffentlichkeitsprinzip nicht auf den Steuerbereich ausdehnen. Dies ist umso mehr gerechtfertigt, als dieser Bereich keinen direkten Bezug zur Tätigkeit der Verwaltung hat. Das Steuergeheimnis ist somit eine lex specialis im Sinne von Art. 4 Bst. a BGÖ.

Im vorliegenden Fall wurden die Informationen, auf die sich die NGO bezieht, von den Unternehmen aufgrund einer Meldepflicht vorgelegt, insbesondere damit die Behörde prüfen kann, ob Steuern zu erheben sind. Diese Informationen fielen daher unter das Steuergeheimnis nach Art. 74 MWSTG und unterlägen grundsätzlich nicht dem Grundsatz der Transparenz.

Das Bundesgericht führt seine Argumentation in zwei obiter dicta noch weiter aus.

Erstens hat der Bundesgesetzgeber kürzlich die Art. 964j ff. OR („Sorgfalts- und Transparenzpflichten bei Erzen und Metallen aus Konfliktgebieten und bei Kinderarbeit“) verabschiedet. Diese Bestimmungen verpflichten Goldimporteure zu einer gewissen Transparenz (vgl. Neri-Castracane, cdbf.ch/1182). Dieser gesetzgeberische Eingriff zugunsten der Transparenz zeigt, dass es dem Bundesgesetzgeber und nicht dem Bundesgericht obliegt, die Transparenzanforderungen auszuweiten oder in diesem Zusammenhang Änderungen an der Regelung des Steuergeheimnisses vorzunehmen.

Zweitens ermöglicht der Grundsatz der Transparenz jedem Bürger, die Funktionsweise des Staates zu überprüfen. Im vorliegenden Fall bezieht sich der Antrag auf Zugang auf die Menge und die Herkunft des von vier Unternehmen eingeführten Goldes. Es betrifft somit ausschließlich private Aktivitäten und zielt nicht auf ein Einsichtsrecht in die Tätigkeiten des Staates ab. Das Bundesgericht schloss daraus, dass das Vorgehen der NGO dem vom BGÖ verfolgten Zweck fremd ist. Sie könne daher nicht dazu führen, dass geschützte Informationen beschafft werden.

Dieses Urteil ist in seinem Ergebnis überzeugend. Das BGÖ zielt darauf ab, die Tätigkeit des Staates und nicht die von Privatpersonen zu überprüfen. Dieses Gesetz sollte daher keinen indirekten Zugang zu Informationen ermöglichen, die nur private Aktivitäten, nicht aber staatliche Angelegenheiten betreffen.

Die Argumentation des Bundesgerichts, nämlich aufgrund der Besonderheit des Steuergeheimnisses und seines öffentlichen Interesses eine lex specialis im Sinne von Art. 4 BGÖ zuzulassen, scheint die fehlende Klarstellung nachzuholen, die der Gesetzgeber bei der Revision des BGÖ im Jahr 2008 hätte vornehmen müssen.

Im Gegensatz zum Steuergeheimnis wurde das Bankgeheimnis in der Botschaft des Bundesrates ausdrücklich als Geheimnis erwähnt, das der Transparenz entgegensteht (BBl 2003 1833). Davon abgesehen ist, wie der EDÖB in einem Fall, der die Erklärungen von Banken zum Einfrieren russischer Vermögenswerte betraf, in Erinnerung rief, „nicht (…) das Geheimnis der Bank geschützt, sondern das Geheimnis der Bankkunden“.

Schließlich hatte sich die NGO zur Unterstützung ihrer Klage auf Art. 10 EMRK (Recht auf freie Meinungsäußerung) und die diesbezügliche Rechtsprechung berufen. In der Tat hat der EGMR im Urteil Magyar Helsinki Bizottság gegen Ungarn anerkannt, dass Art. 10 EMRK unter bestimmten Bedingungen „ein Recht auf Zugang zu Informationen“ umfasst. Das Bundesgericht geht auf diesen Vorwurf in einzigartiger Weise nicht ein. Es betont zudem, dass es sich aufgrund von Art. 190 BV an die Regelung des Steuergeheimnisses gebunden sieht. Diese Bestimmung erlaubt es jedoch nicht, dass ein Bundesgesetz der EMRK standhält. Die NGO könnte daher immer noch den EGMR anrufen.