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Unlauterer Wettbewerb

Können die Provisionen eines Vermittlers eingezogen werden ?

(Übersetzt von DeepL)

In einem Urteil 7B_135/2022 erläutert das Bundesgericht die Bedingungen, unter denen Provisionen aus Verträgen, die mit einem Vergehen gegen den unlauteren Wettbewerb behaftet sind, Gegenstand von konfiskatorischen Maßnahmen sein können (Art. 70 und 71 StGB).

Eine Schweizer Aktiengesellschaft, die im Bereich Private Equity tätig ist, bot im Auftrag einer ausländischen Einheit den Kauf von Aktien eines deutschen Unternehmens an, das im medizinischen Sektor tätig ist. Die Suche nach neuen Investoren begann in der Regel mit „kalten“ Telefonanrufen. Die Angestellten gingen dabei nach einem Leitfaden vor, der vom Gründer und alleinigen Geschäftsführer des Schweizer Unternehmens erstellt worden war. Anschließend erhielten die interessierten Gesprächspartner Unterlagen über die Investition in das deutsche Unternehmen.

Zwischen April 2008 und Mai 2016 warb das Schweizer Unternehmen mindestens 203 Investoren an, die anschließend mit dem ausländischen Unternehmen Verträge über den Erwerb von Anteilen an dem deutschen Unternehmen abschlossen. In Erfüllung dieser Verträge zahlten die Investoren einen Gesamtbetrag von mehr als EUR 67 Millionen. Von diesem Betrag erhielt das werbende Unternehmen rund EUR 16 Millionen als Provision.

Diese Tätigkeit wurde von mehreren unlauteren Handlungen begleitet. Das werbende Unternehmen erweckte den unzutreffenden Eindruck, dass es als reiner Vermittler mit einer FINMA-Bewilligung handelte, obwohl zwischen den beteiligten Unternehmen zwischenmenschliche Beziehungen bestanden. Die Dokumentation war irreführend, was die Bewertung des deutschen Unternehmens und den Preis der Aktien betraf. Die Anleger wussten nicht, dass das werbende Unternehmen Provisionen in Höhe von 23,8 % auf die investierten Beträge erhielt. In den Verträgen wurde verschwiegen, dass ein Teil der Transaktionen auf offener Bühne stattfand. Die Angaben zu den Anteilseignern des deutschen Unternehmens waren falsch.

Im Anschluss an ein im April 2018 eröffnetes Insolvenzverfahren wurde das deutsche Unternehmen aufgelöst.

Aufgrund dieses Sachverhalts befand das Berufungsgericht Zürich den Gründer des werbenden Unternehmens wegen mehrfacher Verstösse gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (Art. 3 Abs. 1 Bst. b und Art. 23 UWG) sowie wegen Ausübung ohne Bewilligung (Art. 44 Abs. 1 FINMAG) für schuldig. Sie bestrafte ihn mit (i) einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten, (ii) einem zweijährigen Tätigkeitsverbot (Art. 67 StGB), (iii) der Einziehung von Bankguthaben und zwei ihm gehörenden Uhren (Art. 70 StGB) und (iv) einer Ersatzforderung (Art. 71 StGB).

In seiner Beschwerde an das Bundesgericht bezieht sich der Hauptvorwurf des Gründers der werbenden Firma auf die Einziehung von Vermögenswerten (Art. 70 StGB) und die Ausgleichsforderung (Art. 71 StGB), die angeordnet wurden, um ihm den Vermögensvorteil aus den Verstössen gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb zu entziehen.

Art. 70 Abs. 1 StGB sieht vor, dass der Richter die Einziehung von Vermögenswerten anordnet, „die das Ergebnis einer Straftat sind“. Diese Maßnahme zielt darauf ab, einem Täter oder einem Dritten einen unrechtmäßigen Vermögensvorteil zu entziehen. Ihre Voraussetzungen sind (i) die Begehung eines typischerweise strafrechtswidrigen und rechtswidrigen Verhaltens, (ii) Vermögenswerte, (iii) ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und den Vermögenswerten und (iv) die fehlende Rückgabe an einen Geschädigten. Sind die einzuziehenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, ordnet der Richter an, sie durch eine staatliche Ersatzforderung in gleicher Höhe zu ersetzen (Art. 71 Abs. 1 Satz 1 StGB).

Der High Court legt zunächst dar, dass die Straftaten nicht direkt zu einem Vermögensvorteil geführt haben. Der Vorteil, den das werbende Unternehmen erhalten habe, habe vielmehr in den Provisionen bestanden, die aus den von den Investoren abgeschlossenen Verträgen resultierten. Die von der Vorinstanz eingezogenen Vermögenswerte seien somit allenfalls ein indirektes Ergebnis der Straftaten. Dieser Umstand reicht jedoch nicht aus, um die Einziehung auszuschließen.

In tatsächlicher Hinsicht halten die Bundesrichter sodann fest, dass das Berufungsgericht festgestellt habe, dass jede der Täuschungshandlungen geeignet gewesen sei, den Kaufentscheid der potenziellen Investoren zu beeinflussen ; die Vorinstanz habe hingegen nicht festgestellt, dass die Geschädigten (oder einige von ihnen) tatsächlich beeinflusst worden seien und dass die Täuschungen die notwendige Ursache für den Abschluss der Verträge und die auf dieser Grundlage getätigten Zahlungen gewesen seien.

Diese Beweisführung ist in Bezug auf die Tatbestandsmerkmale des unlauteren Wettbewerbs (Art. 3 Abs. 1 Bst. b und Art. 23 UWG), wo eine Täuschungs- oder Irreführungsgefahr ausreicht (abstraktes Gefährdungsdelikt), zufriedenstellend. Hingegen lässt sie die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs bei der Einziehung nicht zu.

Folglich hebt das Bundesgericht das Urteil des Zürcher Berufungsgerichts teilweise auf. Es führt aus, dass der angefochtene Entscheid keine tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthält, um festzustellen, ob die Verträge ohne die Verstösse gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb abgeschlossen worden wären und, falls dies der Fall wäre, in welcher Höhe sich der unrechtmässige Vermögensvorteil des Beschwerdeführers belaufen würde (Art. 112 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 BGG). Die Vorinstanz wird diese Prüfung vornehmen und einen neuen Entscheid über den Umfang der Einziehung und der Ersatzforderung fällen müssen.

Dieses Urteil stellt klar, dass bei Einziehungsmassnahmen die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs zu bejahen ist, wenn die strafbare Handlung zum Abschluss eines objektiv rechtmässigen Rechtsgeschäfts führt, dessen Erfüllung eine Vermehrung des Vermögens des Täters (oder eines begünstigten Dritten) zur Folge hat. Eine solche Lösung war bereits in Bezug auf das Honorar eines Vermittlers im Rahmen eines mit Korruption behafteten Vertrags gewählt worden (Burgener, cdbf.ch/1204/).

Die Bundesrichter sind sich der Schwierigkeiten bewusst, den Kausalzusammenhang herzustellen, wenn viele Geschädigte involviert sind, und erinnern daran, dass die Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) bei konfiskatorischen Maßnahmen nicht direkt anwendbar ist. Der erforderliche Beweisgrad beschränkt sich auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit. Darüber hinaus muss die Person, die sich der Einziehung widersetzt, die Gründe für ihre Anfechtung untermauern und an der Ermittlung des diesbezüglichen Sachverhalts mitwirken.