Kreditvertrag
Keine Veruntreuung, wenn die Zweckbestimmung der Vermögenswerte nicht ausreichend definiert ist.

Sébastien Pittet
(Übersetzt von DeepL)
Ein Kreditnehmer, der die geliehenen Gelder für einen anderen als den vertraglich festgelegten Zweck verwendet, kann ausnahmsweise der Veruntreuung schuldig gesprochen werden (Art. 138 Ziff. 1 StGB). Voraussetzung dafür ist allerdings noch, dass die Zweckbestimmung der verliehenen Vermögenswerte im Vertrag klar definiert ist, was im Urteil 6B_240/2024 vom 9. Januar 2025 nicht der Fall war.
Auf der Grundlage eines „ Loan Agreements “ leiht eine Gesellschaft einer anderen Gesellschaft USD 300’000. Die Parteien sehen im Vertrag nicht ausdrücklich vor, dass das Geld für einen bestimmten Zweck verwendet werden muss. Am Fälligkeitstag des Darlehens wird dieses nicht zurückgezahlt und das kreditgebende Unternehmen leitet ein Zivilverfahren gegen seine Schuldnerin ein. Das Zivilverfahren nimmt seinen Lauf und da das kreditnehmende Unternehmen nicht in der Lage ist, das Geld zurückzuzahlen, wird es schließlich einige Jahre später in Konkurs geschickt.
Einige Monate nach der Konkurseröffnung reichte die kreditgebende Gesellschaft eine Strafanzeige gegen die ehemalige Geschäftsführerin der kreditnehmenden Gesellschaft ein. Ihrer Ansicht nach habe die Geschäftsführerin die geliehenen Gelder für einen anderen Zweck als den des Darlehensvertrags verwendet. In der ersten und zweiten Instanz kommen die Genfer Behörden zu dem Schluss, dass die Geschäftsführerin die Gelder tatsächlich vertragswidrig verwendet hat, und stellen fest, dass alle Tatbestandsmerkmale einer Veruntreuung erfüllt sind. Die Direktorin legt beim Bundesgericht Beschwerde ein.
Eine Veruntreuung – im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB – begeht, wer unberechtigterweise Vermögenswerte, die ihm anvertraut worden sind, zu seinem Vorteil oder zum Vorteil eines Dritten verwendet. Die Straftat setzt somit voraus, dass ein Wert anvertraut wurde. Damit diese Voraussetzung erfüllt ist, muss der Täter zum einen die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt haben. Zum anderen muss die Nutzung des Vermögenswerts durch eine (ausdrückliche oder stillschweigende) Vereinbarung oder ein anderes Rechtsverhältnis spezifisch festgelegt sein. Der Täter verhält sich also strafbar, wenn er den Vermögenswert entgegen den erhaltenen Anweisungen verwendet. Werden die Vermögenswerte einer juristischen Person anvertraut, kann nachArt. 29 Bst. a StGB das Organ bestraft werden, das die Vermögenswerte für einen anderen als den vertraglich vorgesehenen Zweck verwendet hat.
Wenn der Kreditnehmer im Zusammenhang mit einem Darlehen das geliehene Geld entgegen dem vereinbarten Zweck verwendet, kann er ausnahmsweise der Veruntreuung für schuldig befunden werden. Der Straftatbestand ist nur denkbar, wenn (i) die Zweckbestimmung der verliehenen Vermögenswerte klar vorab festgelegt wurde und (ii) diese Zweckbestimmung dazu dient, das Risiko des Verleihers zu decken oder zumindest sein Verlustrisiko zu verringern.
Der Tatbestand erfordert keine detaillierte Beschreibung der Art der Vereinbarung der Parteien und des geplanten Geschäfts. Der Sachverhalt muss jedoch „eine Eingrenzung mit ausreichender Genauigkeit ermöglichen, um die Prüfung der beiden oben genannten Punkte vorzunehmen“.
Im vorliegenden Fall ist es nach Ansicht des Bundesgerichts „unmöglich, auch nur vage zu bestimmen, welche Transaktion von den Parteien geplant gewesen wäre“. Die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB seien daher nicht erfüllt. Die Beschwerde der Direktorin wird gutgeheissen, das Urteil wird aufgehoben und an das kantonale Gericht zurückgewiesen.
Um zu diesem Schluss zu gelangen, geht das Bundesgericht auf einige interessante Fragen der Vertragsauslegung ein, die im Rahmen dieses Kommentars nicht behandelt werden. Insbesondere geht das Urteil auf die Möglichkeiten ein, Tatsachen nach dem Abschluss eines Vertrags zu berücksichtigen, um dessen Inhalt zu bestimmen (c. 4).
Was den Aspekt des Rechtsmissbrauchs betrifft, können unserer Meinung nach zwei Lehren aus dieser Entscheidung gezogen werden.
Auf der Seite des Kreditnehmers, auch wenn der Straftatbestand des Vertrauensmissbrauchs letztlich nicht erfüllt wurde, stellt dieses Urteil eine Erinnerung an die strafrechtlichen Risiken dar, denen sich ein Kreditnehmer aussetzt, der bei der Verwendung der Mittel den Zweck eines Darlehens nicht beachtet. Die Rechtsprechung hatte bereits Gelegenheit, die Anwendung dieser Strafbestimmung im Anschluss an ein Darlehen zu bestätigen, wenn die zur Finanzierung von Bauarbeiten bestimmte Darlehenssumme zur Begleichung verschiedener Rechnungen verwendet wurde (BGer 6B_827/2008 vom 7. Januar 2009, c. 1.4). In einer anderen Entscheidung wurde ein Kredit, der für den Erwerb eines Grundstücks und den Bau eines Gebäudes gewährt wurde, dazu verwendet, persönliche Schulden zu tilgen (BGE 124 IV 9, c. 1a).
Auf Seiten des Kreditgebers macht dieses Urteil deutlich, wie wichtig es ist, den Zweck eines Kredits in den Vertragsunterlagen genau zu beschreiben. Wenn die Zweckbestimmung der Werte im Vertrag ausreichend hervorgehoben wird, hängt ein Damoklesschwert über dem Kopf des Kreditnehmers, der eine Abweichung vom Vertrag in Erwägung zieht. Die Möglichkeit einer strafrechtlichen Sanktion kann den Kreditnehmer dazu veranlassen, die verliehenen Mittel nicht für einen vertragsfremden Zweck zu verwenden.