Lombardkredit
Erste Folgen der COVID-19-Krise

Sébastien Pittet
(Übersetzt von DeepL)
Wenn die Bank einen Margenausgleich verlangt, bleibt dem Kunden unter Umständen nur sehr wenig Zeit, um zu reagieren und neue Mittel bereitzustellen. In seinem Urteil 4A_389/2024 vom 8. Mai 2025 bekräftigt das Bundesgericht seine strenge Rechtsprechung in Bezug auf Lombardkredite, insbesondere wenn es sich um einen Kunden mit hohen Finanzkenntnissen und -erfahrungen handelt.
Anfang April 2019 nimmt ein Kunde Kontakt zu einer Bank auf. Im Rahmen der Kontoeröffnung gibt der Kunde an, ein Anlageexperte mit hoher Risikobereitschaft zu sein und die Rendite seiner Anlagen maximieren zu wollen. Aufgrund dieser Angaben stuft die Bank den Kunden als « professionellen Kunden » ein und gewährt ihm direkten Zugang zu ihrem Handelsraum.
Am 23. Januar 2020 schliessen die Parteien einen Lombardkredit in Höhe von EUR 3’000’000 ab. Eine Vertragsbestimmung ermöglicht es der Bank, die verpfändeten Vermögenswerte jederzeit und unabhängig von einer Fälligkeit zu verwerten, insbesondere in Zeiten von Marktturbulenzen.
Im März 2020 beginnen die Märkte aufgrund der COVID-19-Pandemie einzubrechen. Am 6. März 2020 stellt die Bank fest, dass der Kredit nicht mehr durch die verpfändeten Vermögenswerte gedeckt ist. Am selben Tag informiert die Bank den Kunden (vermutlich per Post) darüber und fordert ihn auf, bis zum 10. März 2020 um 10 Uhr neue Mittel einzuzahlen. Andernfalls oder bei einem weiteren Wertverlust der verpfändeten Vermögenswerte behält sich die Bank das Recht vor, die Vermögenswerte des Kunden zu verwerten. Am 9. März 2020 um 9:09 Uhr erhält der Kunde dieselbe Mitteilung per E-Mail.
Zwischen dem 9. und 10. März 2020, also teilweise vor Ablauf der von der Bank gesetzten Frist, liquidiert die Bank das Portfolio des Kunden. Die Verwertung der Vermögenswerte deckt den Kredit nicht vollständig, sodass ein Restbetrag von EUR 600’000 verbleibt. Die Bank reicht eine Zahlungsforderung für diesen Betrag ein und erhält vor den kantonalen Instanzen Recht.
In mehreren Erwägungen erinnert das Bundesgericht an verfahrensrechtliche Aspekte der Beweisführung. Unter dem Gesichtspunkt der Beweisführung befasst sich unser oberstes Gericht anschliessend mit der Frage der Rechtmässigkeit der Verwertung der Vermögenswerte des Kunden.
Der Kunde wirft der Bank vor, seine Vermögenswerte unrechtmässig verwertet zu haben. Nach Ansicht des Bundesgerichts erscheint die von der Bank gesetzte Frist insbesondere angesichts der Erfahrung des Kunden nicht als zu kurz. Darüber hinaus war die Bank berechtigt, die Vermögenswerte bereits vor Ablauf der gesetzten Frist zu verwerten, da sich dies sowohl aus dem Kreditvertrag als auch aus der Mitteilung vom 6. März 2020 ergab.
Der Kunde macht außerdem geltend, die Bank hätte vor Gericht klar darlegen müssen, warum sie die Vermögenswerte verwertet habe. Das Bundesgericht weist die Argumentation des Kunden zurück. Der Vertrag enthielt nicht nur keine Begründungspflicht, sondern die Bedingungen auf den Finanzmärkten während des streitigen Zeitraums rechtfertigten auch die sofortige Verwertung des Kundenportfolios gemäß dem Kreditvertrag.
Im Wesentlichen erinnert das Urteil an den grossen Handlungsspielraum, über den eine Bank bei der Gewährung eines Lombardkredits verfügt. Auch wenn dieses Urteil – das sich zu einem grossen Teil auf verfahrensrechtliche Aspekte bezieht – die bisherige Rechtsprechung in diesem Bereich nicht revolutioniert, verdient ein Aspekt etwas mehr Beachtung.
In einem Einschub am Ende von Ziff. 5.2.5.2 präzisiert das Bundesgericht, dass die Bank unter den gegebenen Umständen aufgrund der Finanzmarktturbulenzen sogar einen Notverkauf hätte vornehmen können (« una vendita di emergenza in caso di Market Disruption Events »). Diese scheinbar nebensächliche Präzisierung ist vielleicht der einzige wirklich interessante und neue Aspekt dieses Urteils. Zur Untermauerung seiner Ausführungen zitiert das Bundesgericht Bahar/Peyer. In der in der Entscheidung zitierten Referenz (BSK Wertpapierrecht-Bahar/Peyer, Art. 32 BEG, N 26 f.) argumentieren Bahar/Peyer, dass entgegen dem Wortlaut von Art. 32 Abs. 1 LTI eine vorzeitige Verwertung aufgrund der allgemeinen Grundsätze des Sicherungsrechts in dringenden Fällen möglich ist, sofern der Verkauf im Interesse beider Parteien liegt (und dies auch dann, wenn der Anleger nicht qualifiziert ist). In einem älteren Urteil aus der Zeit vor dem LTI hatte das Bundesgericht diese Frage bewusst offen gelassen (BGE 4C.243/2006 vom 10. Juli 2007, 3.2).
Während diese Entscheidung wahrscheinlich Teil einer neuen Welle von Prozessen im Zusammenhang mit Lombardkrediten ist, die nach den Finanzturbulenzen vom März 2020 schiefgelaufen sind, öffnet das Bundesgericht möglicherweise eine Tür für andere ähnliche Situationen, die sich um den 16. März 2020 herum ereignet haben (und die das Bundesgericht in Anlehnung an die kantonalen Behörden als « Black Monday » bezeichnet). Aufgrund dieser Entscheidung ist denkbar, dass künftig eine vorankündigungslose Verwertung der verpfändeten Vermögenswerte bei « Market Disruption Events » (wie der Unsicherheitsphase im März 2020) möglich ist, auch wenn der Kunde nicht qualifiziert ist.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass unsere Auslegung dieses Einschubs am Ende von Ziff. 5.2.5.2 eher auf einen Übereifer in einer ansonsten eher banalen Entscheidung zurückzuführen ist als auf eine tatsächliche Absicht des Bundesgerichts, einen neuen Rechtsgrundsatz einzuführen.