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Jurisprudence

Prospekthaftung

Nicht kausale Unterlassung

Hintergrund Der Fall betrifft fünf Investoren, die bei der Gründung bzw. bei späteren Kapitalerhöhungen Aktien (nicht börsennotiert) einer Aktiengesellschaft gezeichnet haben. Sie sind der Ansicht, durch unrichtige Angaben im Emissionsprospekt, auf dessen Grundlage sie ihre Anlageentscheidung getroffen haben, getäuscht worden zu sein. Sie erheben beim Handelsgericht eine Zivilklage gegen verschiedene Personen und Körperschaften, die an der Erstellung bzw. Verbreitung des strittigen Prospekts beteiligt waren, und fordern von ihnen gesamtschuldnerisch Schadensersatz, insbesondere auf der Grundlage von Art. 752 aOR (anwendbar auf[...]

Ungetreue Geschäftsbesorgung

Untreue gegenüber der Unternehmensgruppe ?

In einem Urteil 6B_103/2021 vom 26. April 2021 befasst sich das Bundesgericht erneut mit der Klagebefugnis der Holding einer Unternehmensgruppe, deren Tochtergesellschaft Opfer von Handlungen ungetreuer Geschäftsführung (Art. 158 StGB) wurde. Der Sachverhalt ist relativ komplex, lässt sich aber wie folgt zusammenfassen: Die A SA ist die Genfer Holding der im Pharmabereich tätigen Unternehmensgruppe A. C und E sind Aktionäre und Verwaltungsratsmitglieder. Die Holding ihrerseits hält die ebenfalls in Genf ansässige B SA und die F SARL, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung[...]

Haftung börsennotierter Unternehmen

EuGH schränkt Forum Shopping für Anlegerklagen ein

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 12. Mai 2021 ein Urteil gefällt, in dem er die Gerichtsstände nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Brüssel Ia (Brüssel Ia-VO) für Anlegerklagen einschränkt. Nach Auffassung des EuGH können für diese Streitigkeiten nur die Gerichte des Staates angerufen werden, in dem eine börsennotierte Gesellschaft ihren gesetzlichen Informationspflichten nachkommen muss (C-709/19). Im vorliegenden Fall hatte die Vereniging van Effectenbezitters (VEB), eine niederländische Aktionärsvereinigung, vor den Gerichten in Amsterdam gegen die Gesellschaft British Petroleum (BP)[...]

Rechenschaftspflicht

Welches Recht auf Information ?

In seinem Urteil 4A_599/2019 befasst sich das Bundesgericht mit einer Forderung eines Kunden nach Rechenschaftsablegung gegen seine Bank nach dem Auftreten eines Rechtsstreits über eine Margin-Forderung. Im November 2010 eröffnete der Kunde ein Konto bei einer Schweizer Bank, um sein Vermögen mit Hilfe von Devisengeschäften und dem Kauf und Verkauf von Optionen auf Währungen und Edelmetalle zu investieren. Er erhielt von der Bank einen Kredit und unterzeichnete unter anderem einen Generalpfandvertrag. Nach der Aufhebung des Mindestkurses durch die SNB am[...]

Aufsichtsbehörde der VSB

Veröffentlichung der Rechtsprechung des zweiten Halbjahres 2020

Die Aufsichtsbehörde der VSB hat kürzlich die traditionelle Übersicht ihrer Entscheidungen für das zweite Halbjahr 2020 veröffentlicht. Nach einem aufgrund von Covid-19 eingeschränkten Geschäftsjahr zu Beginn des Jahres, haben die Aufsichtstätigkeiten ab Sommer 2020 ihren normalen Gang wieder aufgenommen. Auch wenn keine nennenswerte Umkehrung der Rechtsprechung zu verzeichnen ist, verdienen einige Fälle wie immer eine Erwähnung. Zunächst einmal ist in Bezug auf das Verfahren festzuhalten, dass Art. 60 Abs. 1 VSB (Untersuchungsverfahren) die Einleitung einer Untersuchung wegen Verletzung der Sorgfaltspflichten[...]

Betrügerische Bankaufträge

Kommunikation per E-Mail bleibt riskant

Wer, die Bank oder die Kunden, muss den Schaden tragen, der durch die Ausführung von Aufträgen von Hackern verursacht wurde? Kurz nach dem BGE 146 III 326 (siehe cdbf.ch/1150/), in dem das Bundesgericht ein grobes Verschulden einer Handelsgesellschaft verneinte, wurde das Tessiner Tribunale d'appello mit der gleichen Problematik konfrontiert. Im Gegensatz zur Entscheidung des Bundesgerichts stellt es ein grobes Verschulden der Bank fest und betont die Gefahr von E-Mail-Kommunikation (Urteil 12.2019.148 vom 18. September 2020). Zwei Brüder, die im Beratungsgeschäft[...]

Auslieferung an die USA

Das Bundesgericht präzisiert den Begriff des sekundären Insiders

In einem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 1C_196/2021 vom 28. Mai 2021 präzisiert das Bundesgericht den Begriff des sekundären Insiders im Sinne von Art. 154 Abs. 3 FinfraG im Rahmen eines Auslieferungsersuchens. Am 5. Januar 2021 beschließt das Bundesamt für Justiz (BJ), eine Person A. (Beschwerdeführer) an die Vereinigten Staaten auszuliefern. Ihm wird vorgeworfen, von 2013 bis 2017 in großem Umfang Insidergeschäfte getätigt zu haben. Tatsächlich sollen A. und ein Komplize über einen Mittelsmann Insiderinformationen in Bezug auf ein börsennotiertes Biotechnologieunternehmen[...]

Rechenschaftspflicht

Qualitative und quantitative Anforderungen an die Schlussfolgerungen

In seinem Urteil 4A_287/2020 vom 24. März 2021 befasst sich das Bundesgericht mit der Frage der Vollstreckung einer Entscheidung über die Rechenschaftsablage und gibt drei Vorsichtsmaßnahmen an: Die durchzuführenden Schlussfolgerungen müssen präzise und möglich sein und durch die Entscheidung in der Sache abgedeckt werden. Eine Gesellschaft und eine Bank waren durch eine Reihe von Bankverträgen, insbesondere für den Kauf und Verkauf von Optionen, sowie durch einen Lombardkredit, der zu strittigen Margin Calls führte, verbunden. Dieser Rechtsstreit hat bereits zu zwei[...]

Bankgarantie

Unbestimmte Bezeichnung des Auftraggebers

In einem Urteil 4A_223/2020 vom 30. Oktober 2020 zu einer Bankgarantie hat das Bundesgericht die Frage geprüft, welche Folgen eine ungenaue Bezeichnung des Auftraggebers im Zahlungsantrag des Begünstigten hat und welche Folgen es hat, dass in der Bürgschaft als Vertragspartei des Grundgeschäfts nicht der Auftraggeber, sondern eine Schwesterfirma des Auftraggebers bezeichnet wurde. Eine unabhängige Bürgschaft war von einer in Österreich ansässigen Bank auf Anweisung einer in Österreich ansässigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung («aa.bb cc___GmbH, Österreich», der Auftraggeber) zugunsten einer Schweizer[...]

Internationale Amtshilfe in Strafsachen

Beschlagnahmte und begehrte Gelder

In einem Urteil vom 16. Oktober 2020 (RR.2019.349+RR.2019.350+RR.2019.351) analysiert das Bundesstrafgericht (BStGer) die Voraussetzungen, unter denen eine Bank, die einen Anspruch auf rund 37 Millionen US-Dollar auf Konten in ihren Büchern macht, deren Herausgabe an einen ausländischen Staat verweigern kann. Im Rahmen eines Strafverfahrens, das insbesondere wegen Börsendelikten geführt wurde, haben die Vereinigten Staaten über das Department of Justice mehrere internationale Rechtshilfeersuchen in Strafsachen an die Schweiz gerichtet, darunter eines vom Februar 2017, mit dem die Herausgabe von Vermögenswerten beantragt[...]

Reklamationsklausel

Verspätete Einwendung gegen Bankgeschäfte

Unter welchen Voraussetzungen ist eine Reklamationsklausel wirksam? In einem Urteil vom 1. Dezember 2020 befasst sich das Genfer Gericht mit dieser Frage im Zusammenhang mit einem Fall, in dem eine Kundin angeblich ohne ihre Anweisung durchgeführte Transaktionen verspätet beanstandet hatte (ACJC 1747/2020, rechtskräftig). Die Kundin, die Finanzwissenschaften studiert und bei einer Bank in England gearbeitet hatte, eröffnete ein Konto in Genf. Sie erteilte der Bank keinen Vermögensverwaltungs- oder Anlageberatungsauftrag. Sie unterzeichnete die Vertragsunterlagen, die insbesondere eine Restbankklausel und eine Reklamationsklausel[...]

Nemo tenetur

Mitwirkungspflicht und Schweigerecht

Erlaubt das Recht, nicht zur eigenen Strafverfolgung beizutragen, die Verweigerung der Zusammenarbeit mit einer europäischen Finanzmarktaufsichtsbehörde? In einem Urteil vom 2. Februar 2021 (C‑481/19) befasst sich der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit dieser Frage im Zusammenhang mit der Verordnung Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch. Die Commissione Nazionale per le Società e la Borsa (Consob), die italienische Börsenaufsichtsbehörde, verhängt gegen eine natürliche Person eine Geldstrafe in Höhe von 50'000 Euro. Diese hatte sich geweigert, die ihr von der Behörde gestellten Fragen[...]