Covid-19 Überbrückungskredite
Keine Sorgfaltspflichten der Banken ?
Urs Zulauf
Luc Thévenoz
(Übersetzt von DeepL)
Der Bundesrat beschloss und publizierte gestern die « COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung ». Diese Notverordnung bezweckt die rasche und unbürokratische Gewährung von Krediten zur Überbrückung von Corona-bedingten Liquiditätsengpässen von KMU und tritt heute, 26. März 2020, in Kraft. Die Kredite werden durch die Banken zu fixen Bedingungen gewährt und durch Bürgschaftsgenossenschaften mit Bundesdeckung verbürgt. Die Prüfung von Krediten bis zu 500’000 soll innert 30 Minuten anhand formeller Erklärungen der Gesuchsteller erfolgen. Gibt es dabei Sorgfaltspflichten der Banken ?
Dieser Kommentar ist auch auf Französisch verfügbar.
Der Bundesrat, die Schweizerische Nationalbank und die FINMA präsentierten gestern unter dem Titel « Covid-19 Überbrückungshilfe » das konkrete Massnahmenpaket zur Versorgung der von der Corona-Pandemie betroffenen KMU mit Liquidität. Kernelement ist die auf die Notverordnungskompetenz der Bundesverfassung (Art. 185 Abs. 3 BV) gestützte « Verordnung zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften in Folge des Coronavirus (COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung) ».
Diese in Zusammenarbeit mit dem ganzen Schweizer Bankensektor in nur 10 Tagen ausgearbeitete und auf längstens 6 Monate befristete Notverordnung sieht folgenden Mechanismus vor, um den von der Corona-Pandemie betroffenen KMU Liquiditätshilfe zu gewähren. Die Fazilität steht nur KMU offen, welche im Jahr 2019 höchstens 500 Millionen Franken Umsatz erzielten (Art. 6 Abs. 2 Bst. a).
1. Die KMU übermitteln einer der am Programm teilnehmenden 104 Banken (darunter auch die Postfinance, Art. 19) per Post oder E-Mail eine standardisierte und unterzeichnete Kreditvereinbarung, welche als Anhang Teil der Verordnung bildet. Das KMU wendet sich wenn möglich (aber nicht zwingend) an seine Hausbank, um die Formalitäten einer Kontoeröffnung zu vermeiden. Die Kreditvereinbarung ist ein PdF-Formular, welches auf einer Webseite des Bundes (« easygov ») heruntergeladen werden kann (Art. 3). Es enthält eine Reihe vorformulierter Standarderklärungen. Wer durch vorsätzlich falsche Angaben (z.B. zum letzten Jahresumsatz) einen Kredit erwirkt, kann mit bis zu 100’000 Franken Busse bestraft werden, sofern keine schwerere strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch wie Urkundenfälschung oder Betrug vorliegt (Art. 23).
2. Die Bank prüft die Vollständigkeit der in der Kreditvereinbarung verlangten Erklärungen und Angaben. Erachtet sie diese als vollständig, zahlt sie sofort einen Kreditbetrag von höchstens 10 % des Jahresumsatzes 2019 und maximal 500’000 Franken aus. Der Zinssatz beträgt 0 Prozent und es besteht eine grundsätzliche Amortisationspflicht innert 5 Jahren (« Covid-19 Kredit »). Bei Ersuchen um höhere Kredite bis maximal 20 Millionen (« Covid-19 Kredit Plus ») prüft die Bank die Kreditersuchen nach « branchenüblichen » Standards, bevor sie den Kredit genehmigt. Da sich die Bank bei Krediten über eine halbe Million im Umfang von 15 % am Kreditausfallrisiko beteiligt, erlaubt ihr die Verordnung einen Zinssatz von 0.5 Prozent. Die Bank ist jederzeit berechtigt, einen Kredit ohne Begründung abzulehnen (Anhang 2, letzte Zeile)
- Die Covid-19 Kredite dürfen nicht für Neuinvestitionen oder Ausschüttungen an Aktionäre verwendet werden (Art. 6 Abs. 2 und 3).
- Die von der Bank als vollständig akzeptierten Kreditvereinbarungen für « Covid-19 Kredite » begründen ex lege ohne zusätzliche Rechtsakte eine Solidarbürgschaft einer der vier vom WBF anerkannten Bürgschaftsorganisationen (Art. 3 Abs. 3). Bei Kreditersuchen über 500’000 Franken muss ein von der Verordnung vorgegebener Bürgschaftsvertrag abgeschlossen werden (Anhang 3).
- Der Bund deckt allfällige Bürgschaftsverluste und die Verwaltungskosten der Bürgschaftsorganisationen (Art. 8 und 9). Der Bundesrat will dazu dem Parlament einen dringlichen Verpflichtungskredit von 20 Milliarden beantragen.
- Die Banken können Covid-19 Kredite formlos der Schweizer Nationalbank abtreten, um sich zu refinanzieren (Art. 20ff.).
Welche Sorgfaltspflichten treffen die Banken bei der Gewährung und der Laufzeit von Covid-19 Krediten ? Die KMU haben in der Kreditvereinbarung (Anhang 2) bzw « Covid19 Kredite Plus » der Kreditvereinbarung (Anhang 4) anzugeben, welchen Umsatz sie im Jahr 2019 erzielt haben oder diesen zu schätzen. Ein Kreditnehmer hat zudem zu bestätigen, dass er
- nicht bei einer anderen Bank schon eine Covid-19 Kredit beantragt oder sogar schon erhalten hat,
- vor dem 1. März 2020 gegründet wurde,
- sich zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht in einem Konkurs- oder Nachlassverfahren oder in Liquidation befand,
- und « aufgrund der Covid-19-Pandemie namentlich hinsichtlich seines Umsatzes wirtschaftlich erheblich beeinträchtigt ist » (Art. 3 Abs. 1).
Vor allem der letzte Punkt ist wichtig bei den Krediten bis zu 500’000 Franken, welche voll verbürgt und den Bund gedeckt und deshalb für die Banken praktisch risikolos sind. Covid-19 Kredite sollen nach den Erläuterungen (S. 6) zur Verordnung nicht zur Überbrückung von Umsatzeinbussen dienen, welche nicht auf die Covid-19 Pandemie zurückzuführen sind. Müssen die Banken diese Angaben prüfen oder zumindest plausibilisieren ? Könnten die Bürgschaftsorganisationen andernfalls bei Kreditausfällen eine Zahlung verweigern ?
Aufgrund einer ersten Durchsicht der Verordnung kommen wir zum Schluss, dass die Banken bei Covid-19 Krediten (bis zu 500’000 Franken) grundsätzlich nur die Vollständigkeit der Erklärungen zu prüfen haben. Auch die von den Banken zu akzeptierenden Rahmenbedingungen (Anhang 1) enthalten keine weitergehenden Prüfpflichten der Banken. Solche könnten auch die schnelle Auszahlung der Überbrückungskredite als Zweck der Verordnung gefährden. So machten auch die Vertreter von Bundesrat und Behörden an der Medienkonferenz gestern klar, dass Missbräuche insbesondere durch die Strafbestimmungen gegenüber den Kreditnehmern anzugehen wären und man die begrenzten ex ante Kontrollen im Interesse einer schnellen Auszahlung in Kauf genommen hat :
In die gleiche Richtung zielen die Erläuterungen zur Verordnung : « Die Vergabe von Krediten nach Artikel 3 erfolgt weitgehend ohne Überprüfung der Angaben der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers » (S. 16). Dasselbe gilt grundsätzlich auch bei der Überprüfung des Verwendungszwecks : « Die Bank hat keine Pflicht, die vertragskonforme Verwendung zu prüfen » (Anhang 2 Ziff 5).
Die einzige Grenze der rein formalen Kreditprüfung durch die Banken bildet unseres Erachtens das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Die Bank sollte einen Covid-19-Kredit nicht gewähren, wenn der den Antrag bearbeitende Kundenberater weiß oder wenn es auf den ersten Blick offensichtlich ist, dass die vom KMU gemachten Angaben falsch oder irreführend sind. Soll eine Kreditgewährung nach bloss 30 Minuten Bearbeitungszeit für Kredite bis zu 500’000 Franken möglich sein, dürfen nur offensichtliche Lügen die Bank daran hindern, mit der Auszahlung des Kredits gültig auch eine durch den Bund gedeckte Bürgschaft zu begründen.