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A blast from the past

Haftung einer Bank in Bezug auf von Lehman Brothers ausgegebene strukturierte Produkte

(Übersetzt von DeepL)

15 Jahre nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und 13 Jahre nach den FINMA-Berichten „Madoff-Affäre und Vertrieb von Lehman-Produkten : Auswirkungen auf die Anlageberatung und Vermögensverwaltung“ und „Vertrieb von Finanzprodukten an Privatkunden“ ist der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers wieder in den Vordergrund der Schweizer Justiz gerückt.

Muss eine Bank einen Kunden entschädigen, der einen finanziellen Verlust im Zusammenhang mit strukturierten Produkten erlitten hat, die von Lehman Brothers ausgegeben wurden und die die Bank ihm empfohlen hatte ? Das Bundesgericht beantwortet diese Frage – ziemlich trocken – im Urteil 4A_329 2021 vom 30. März 2023 mit Nein.

Der Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen : Zwei Schwestern aus dem Tessin sind Inhaberinnen eines Gemeinschaftskontos und investierten 2007 auf Anraten ihres Beziehungsmanagers in strukturierte Produkte, die von Lehman Brothers ausgegeben wurden. Der Konkurs der US-Bank im Jahr 2008 führte zu einem großen finanziellen Verlust für die beiden Kundinnen.

Nachdem ihre Klage auf kantonaler Ebene abgewiesen worden war, reichten die Schwestern beim Bundesgericht eine Beschwerde in Zivilsachen ein. Sie sind der Ansicht, dass die Bank für den erlittenen Schaden haftet, da (i) die Parteien durch einen Vermögensverwaltungsvertrag gebunden seien und (ii) die Kundinnen nicht ausreichend informiert worden seien.

Zunächst erinnert das Bundesgericht an die klassische Unterscheidung zwischen Vermögensverwaltung und Anlageberatung und betont, welche Partei die Anlageentscheidung trifft, d.h. der Finanzdienstleister im Rahmen eines Verwaltungsmandats und der Kunde im Falle eines Beratungsmandats. Im vorliegenden Fall wurde die Anlageentscheidung von den Kundinnen getroffen, was ein Anlageberatungsverhältnis impliziert.

Die zweite Rüge der Beschwerdeführerinnen betraf die Informationspflicht. Das Bundesgericht erinnerte daran, dass die Regeln des Auftrags (Art. 394 ff. OR) auf den Anlageberatungsvertrag anwendbar sind, und konzentrierte sich dann auf die Frage der Einhaltung der Sorgfaltspflicht nach Art. 398 Abs. 2 OR.

  • Diese Pflicht verpflichtet die Bank insbesondere dazu, ihren Kunden über alle für die Willensbildung wesentlichen Umstände zu informieren. Diese muss ihn insbesondere auf die mit der empfohlenen Anlage verbundenen Risiken hinweisen.
  • In Bezug auf strukturierte Produkte erinnert das Bundesgericht an seine Rechtsprechung (vgl. insbesondere BGer-Urteil 4A_624/2012, E. 2.1), wonach das strukturierte Produkt mehrere Finanzinstrumente, z. B. eine Anleihe und eine Option, zu einem neuen Finanzprodukt kombiniert. Sein Rückzahlungswert hängt von der Entwicklung eines oder mehrerer Basiswerte (der „Basiswerte“) ab. Es umfasst häufig ein Zinsgeschäft mit einer Derivatkomponente. Sogenannte „kapitalgeschützte“ Produkte garantieren die Rückzahlung des investierten Kapitals am Ende der Laufzeit. Eines der Hauptrisiken für Anleger in diese Art von Anlagen ist das Kreditrisiko des Emittenten („Emittentenrisiko“).

Das Bundesgericht wendet diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an und stellt fest, dass das Risiko, dessen Materialisierung zum Verlust der Kundinnen führte, das Emittentenrisiko ist, das keine besondere Warnung der Bank erforderte und dem strukturierten Produkt nicht inhärent ist (da beispielsweise eine Obligation demselben Risiko unterliegt). Zudem legen die Beschwerdeführerinnen nicht dar, inwiefern die Abgabe der SBVg-Broschüre „Risiken im Handel mit Finanzinstrumenten“ den Informationsstand der Beschwerdeführerinnen verbessert und zu einem Verzicht auf die strittigen Investitionen geführt hätte.

Auf dieser Grundlage lehnt das Bundesgericht die Ansprüche der Beschwerdeführerinnen ab.

Der Praktiker bleibt bei der Lektüre der kurzen Erwägungen des Bundesgerichts unbefriedigt. Folgende Punkte können jedoch festgehalten werden :

  • Auch wenn das Bundesgericht auf diese verweist (ohne genaue Zitierung), stehen die Erwägungen des Bundesgerichts im Gegensatz zu den eingangs erwähnten Berichten der FINMA, die zu den treibenden Kräften hinter dem Erlass des FIDLEG gehören. Der FINMA-Bericht über den Vertrieb betont beispielsweise, dass der Retail-Investor nicht unbedingt die Tragweite des Emittentenrisikos und im Falle eines White-Label-Produkts auch nicht die Identität des Emittenten verstanden habe : „Da der Kapitalschutz dieser Produkte nur dann greift, wenn die Solvenz der Produktemittenten gewährleistet ist, mussten die Käufer dieser grundsätzlich als sicher geltenden Produkte mit einem Verlust ihres investierten Kapitals rechnen“ (Seite 33). Von der von der FINMA festgestellten Informationsasymmetrie ist in dem hier kommentierten Urteil keine Spur zu finden.
  • Das Bundesgericht verlegt seine Analyse der Pflichten der Bank ausschliesslich auf den Zeitpunkt der Beratung (Ziff. 4.3.2 : „Ora, nemmeno la ricorrente afferma che il crollo della società emittente era prevedibile nel momento in cui è stata effettuata la consulenza agli investimenti“). Im Rahmen dieses Anlageberatungsmandats (der knappe Sachverhalt lässt nicht erkennen, ob es sich um ein Verhältnis der „umfassenden Beratung“ oder der „Transaktionsberatung“ gemäss der heute in Art. 11 und 12 FIDLEG verwendeten Terminologie handelte) geht das Bundesgericht – zu Recht – nicht von einer Verpflichtung der Bank aus, die empfohlenen Investitionen zu verfolgen und die Kundinnen proaktiv zu warnen, als sich die finanzielle Situation von Lehman Brothers verschlechterte.