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Jurisprudence

Bankhaftung

Der Kauf von strukturierten Produkten ohne vorherige Genehmigung des Kunden

Muss die Bank in einer Execution-Only-Bankbeziehung zwangsläufig den Verlust des Kunden ersetzen, wenn sie Wertpapiere erwirbt, ohne zuvor dazu ermächtigt worden zu sein? Das Urteil 4A_469/2020 beantwortet diese Frage mit Nein. Im April 2005 eröffnete ein Kunde ein Konto bei einer Bank in Lugano und unterzeichnete zu diesem Zweck die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie eine Restbankklausel. Nach der Eröffnung der Bankbeziehung investierte der Kunde über einen Berater einer anderen Bank in Aktienfonds. Am 26. Juli 2007 verkaufte die Bank im Auftrag[...]

Kollektive Kapitalanlagen

Von einer Fondsleitung zur anderen

In einem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 2C_624/2021 vom 28. März 2022 befasst sich das Bundesgericht mit der Frage der Erhebung von Handänderungssteuern, wenn ein vertraglicher Anlagefonds die Fondsleitung wechselt. Der Fall betrifft konkret einen Immobilienfonds, der qualifizierten Anlegern vorbehalten ist. Ein Vertrag sieht vor, dass die Geschäftsführung im Jahr 2019 "unentgeltlich" von der Alten AG auf die Neue AG übertragen wird. Der Vertrag legt außerdem fest, dass die neue Geschäftsführung die alte Geschäftsführung als Schuldnerin der Hypothekenschulden des Fonds ersetzt.[...]

Gold imports into Switzerland

Does tax secrecy stand in the way of transparency ?

Switzerland's four largest gold importers can rest assured: tax secrecy should (again) prevail over transparency, according to Federal Administrative Court ruling A-741/2019 of March 16, 2022. At the root of this case is the Society for Threatened Peoples. In 2018, this association submitted a request to the Federal Office of Customs and Border Protection (FOCB) based on the Transparency Act (LTrans). It wished to obtain complete statistics on gold imports by the four largest importers, including quantities, broken down by[...]

Gemeinsame Konten

Widersprüchliche Anweisungen, wer hat Vorrang ?

Wie sollte eine Bank auf widersprüchliche Anweisungen reagieren, die im Abstand von einigen Stunden von den Mitinhabern eines Gemeinschaftskontos erteilt werden? An welchen Inhaber muss sie sich halten? Im Urteil 4A_630/2020 klärt das Bundesgericht die Rechte und Pflichten einer Bank, die widersprüchliche Überweisungsaufträge in Bezug auf ein Gemeinschaftskonto erhält. Ein Vater und sein Sohn eröffnen bei einer Bank ein Gemeinschaftskonto, auf dem jeder Einzelzeichnungsbefugnis hat. Das Guthaben auf diesem Konto beläuft sich auf ca. EUR 20'000'000. Am Morgen des 5.[...]

Administrative Rechtshilfe

Die Informationen über einen unwiderruflichen und diskretionären Trust sind relevant

Indien bittet die Schweiz um Auskünfte über Anne. Diese soll über Truststrukturen ein Konto bei der Bank „B.“ haben. Nach einer verfahrenstechnischen Wechselfolge willigt die ESTV ein, ihrer Gegenpartei die Information zu übermitteln, dass die betroffene Person «beneficiary of the overlying trust of the company holding the account with the number xxx […]» ist. Anne focht diese Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, das ihrer Klage nur teilweise stattgab. Da sie weiterhin unzufrieden ist, wendet sie sich an das Bundesgericht (2C_936/2020 vom[...]

Anlagefonds

Delegation von Aufgaben an einen externen Manager und Arbeitsvertrag

In den Urteilen 4A 365/2021, 4A 366/2021, 4A_367/2021 und 4A 368/2021 befasst sich das Bundesgericht mit dem Vertragsverhältnis zwischen einer Vermögensverwaltungsgesellschaft und externen Managern: in casu wird das Vertragsverhältnis als Arbeitsvertrag eingestuft, obwohl der Arbeitgeber versucht, es unter dem Gesichtspunkt der Aufgabenübertragung anders zu bewerten. Vier Vermögensverwalter wenden sich an eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, um eine Kooperationsvereinbarung zur Gründung und Verwaltung eines Investmentfonds zu treffen. Die Gesellschaft verfügt über eine Genehmigung der FINMA zur Verwaltung und Vertretung von Investmentfonds. Zu diesem Zweck[...]

Zahlungsdienste

Viktor Vekselberg gegen PostFinance

Im Anschluss an die US-Sanktionen gegen Russland wegen der Annexion der Krim prüft das Bundesgericht in seinem Urteil 4A_84/2021 den Umfang der Gründe, die eine Verweigerung der Zahlungsdienste der Grundversorgung der Post rechtfertigen. Im April 2018 wurde Viktor Vekselberg, russischer Staatsbürger und in der Schweiz wohnhaft, vom US Office of Foreign Assets Control (OFAC) im Rahmen der Sanktionen gegen Russland auf die Liste der Specially Designated National and Blocked Persons (SDN) gesetzt. Diese Sanktionen verbieten es insbesondere U.S. Persons, Transaktionen[...]

Haftung der Bank

Margin Call und Verwertung von Vermögenswerten, ein strafrechtliches Risiko für die Bank ?

Kann sich eine Bank der ungetreuen Geschäftsführung im Rahmen der Verwertung von Vermögenswerten nach einem Margin Call schuldig machen? Sind die von der Bank übermittelten Transaktionsbestätigungen Wertpapiere mit erhöhtem Beweiswert im Sinne von Art. 251 StGB? In seinem Urteil 6B_1381/2021 verneint das Bundesgericht beide Fragen. Ein Kunde schloss 2015 mit seiner Bank einen Execution Only-Vertrag für den Handel mit Optionen und Futures ab. Dieser Vertrag verpflichtet den Kunden insbesondere, jederzeit den Margenbedarf zu decken, den die Bank aufgrund der eingeleiteten[...]

Mandatsvertrag

Auslegungsfrage zu einer halben Million, 1 oder 100 Call-Optionen ?

Juristen würden sich nur auf das Verb konzentrieren. Die weit verbreitete Meinung ist fast richtig, aber falsch: Sie sind auch von Handlungen begeistert. Der zentrale Artikel 18 Abs. 1 OR in unserer Rechtsordnung veranschaulicht dies, wenn er besagt, dass die tatsächliche und gemeinsame Absicht der Parteien Vorrang vor ihren ungenauen Äußerungen hat. Die Bevorzugung des Vorrangs des Willens ist übrigens nichts, was der Schweiz eigen ist. Als Erbe des römischen Rechts ist sie konsequenterweise eines „der dominierenden Merkmale der großen[...]

Klägerstellung

Wie steht es um die übernehmende Gesellschaft ?

Im Urteil 1B_537/2021 prüft das Bundesgericht die Frage, ob die übernehmende Gesellschaft im Rahmen einer Vermögensübertragung im Sinne von Art. 69 ff. FusG die Klägerstellung der übertragenden Gesellschaft erwirbt. Am 15. Dezember 2017 reichte eine Stiftung wegen Handlungen, die im Rahmen der Verwaltung der Stiftung von 2012 bis 2017 begangen wurden, Strafanzeige gegen ihren ehemaligen Generalsekretär ein. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin eine Untersuchung wegen ungetreuer Geschäftsführung (Art. 158 StGB), Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) und ungetreuer Verwaltung öffentlicher Interessen (Art. 314[...]

Versiegelungsverfahren

Die Bank ist aus dem Spiel

Der Bank, gegen deren Mitarbeiter wegen Verletzung der Meldepflicht (Art. 9 und 37 GwG) ermittelt wird, wird der Weg der Versiegelung versperrt. Das Bundesgericht (BGer) hat dies in zwei (erstaunlicherweise) ähnlichen Fällen entschieden, die Gegenstand von drei Urteilen waren, das erste vom 14. Dezember 2021, die beiden zweiten Das Bundesgericht (BGer) hat dies in zwei (erstaunlicherweise) ähnlichen Fällen entschieden, die Gegenstand von drei Urteilen waren, das erste vom 14. Dezember 2021, die beiden zweiten vom 20. Dezember 2021 (1B_49/2021, 1B_461/2021[...]

Aktivlegitimation

Asset Purchase Agreement und Klage gegen den Verwalter

In dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 4A_36/2021 befasste sich das Bundesgericht mit der Frage der aktiven Legitimation des Gläubigers im Rahmen einer Verantwortlichkeitsklage (Art. 754 OR). Es stellte sich nebenbei die Frage nach den Auswirkungen der Forderungsabtretung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für den ursprünglichen Anspruchsberechtigten. Eine Investmentgesellschaft mit variablem Kapital mit Sitz auf den Kaimaninseln hält mehrere Teilfonds. Diese Teilfonds sind eigenständig, haben aber keine Rechtspersönlichkeit. Einer dieser Teilfonds ist an Immobilienprojekten in Afrika beteiligt (im Folgenden: der[...]

Veröffentlichungsverbot

Sind die Protokolle des Verwaltungsrats schutzwürdig ?

Welchen Verfahrensschutz kann den Protokollen des Verwaltungsrats (und anderen internen Informationen) einer Bank gewährt werden? Im BGE 148 III 84 (4A_58/2021) präzisiert das Bundesgericht die Reichweite der Massnahmen, die ein Zivilgericht anordnen kann, um die schutzwürdigen Interessen einer Partei zu wahren. Eine Gesellschaft aus Guernsey verklagt eine Schweizer Bank auf Schadenersatz vor dem Zürcher Handelsgericht. In ihrer Klageantwort beantragt die Bank, der Gesellschaft unter Androhung der Strafe nach Art. 292 StGB zu verbieten, verschiedene in ihrer Klageantwort und in den[...]

Bankverträge

Algorithmischer Handel und Market Making

Ist der Einsatz eines algorithmischen Handelsprogramms als Stellvertretung im Sinne von Art. 398 Abs. 3 OR anzusehen? Verletzt der Beauftragte seine Informationspflicht, wenn er seinen Auftraggeber nicht regelmässig über den Verlauf des Market Making informiert? Das Bundesgericht verneint beide Fragen im Urteil 4A_305/2021. Eine Gesellschaft israelischen Rechts schliesst einen Mandatsvertrag mit einer Schweizer Bank ab. Gemäss diesem Vertrag verpflichtet sich die Bank, auf eigene Rechnung und Gefahr den Handel mit den Namenaktien der auftraggebenden Gesellschaft zu betreiben, um eine Unterbrechung[...]

Amtshilfe in Steuersachen

Ernsthafte Zweifel an der Identität der betroffenen Person

Indien richtet ein Amtshilfeersuchen an die Schweiz. Das Ersuchen betrifft offenbar Alain. Dieser hat seinen Vater (den verstorbenen Denis) verloren. Dieser Umstand wird zu Verwirrung führen: Interessiert sich Indien für Alain oder für die Erbengemeinschaft des verstorbenen Denis? Bevor wir dieser Frage nachgehen, stellen wir fest, dass in der Schweiz drei Bankkonten als relevant identifiziert wurden. Alain und der verstorbene Denis waren Mitinhaber des Kontos Nummer 1. Die Firma „C.“ ist Inhaberin des Kontos Nummer 2, an dem Alain wirtschaftlich[...]

Haftung

Eine hochriskante Vermögensverwaltung geht schief

In seinem Urteil 4A_263/2021 analysiert das Bundesgericht die Haftung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft nach Art. 55 OR. Diese hatte einen Vermögensverwalter als externen Manager eingestellt, der eine riskante Anlagestrategie verfolgte. Diese führte zu erheblichen Verlusten für den Kunden. Im März 2008 eröffnete der Kunde ein Konto bei einer ersten Schweizer Bank und vertraute die Verwaltung seines gesamten Vermögens einem auf Derivate spezialisierten Trader (Händler) an. Im Mai 2008 erlitt der Kunde erhebliche Verluste. Nach Angaben des Vermögensverwalters waren diese auf einen Defekt[...]

Internationale Sanktionen

Verweigerung der Ausführung einer Kundenanweisung

In einem Urteil vom 6. August 2021 (4A_659/2020) hat das Bundesgericht die Fälle präzisiert, in denen sich eine Bank auf internationale Sanktionen berufen kann, die in der Schweiz nicht anerkannt sind, um die Ausführung einer Kundenanweisung zu verweigern. Am 6. August 2013 eröffnet eine panamaische Gesellschaft ein Bankkonto bei einer Schweizer Bank. An der Spitze der Beteiligungskette der Gesellschaft steht Herr Viktor Vekselberg, der die Gesellschaft indirekt kontrolliert. Darüber hinaus gibt die Gesellschaft an, dass Herr Viktor Vekselberg der wirtschaftlich[...]

Öffentliche Übernahmeangebote

Die Wiederherstellung der Angebotspflicht, eine fortdauernde Rechtsunsicherheit

Am 4. November 2021 erließ die Übernahmekommission eine Verfügung 795/01, in der der Aktionärsgruppe der Familie Hoffmann (im Folgenden: die Antragsteller) im Rahmen eines geplanten Rückkaufs eigener Aktien, die von Novartis gehalten werden, eine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt wurde. Um ihre Beteiligung zu reduzieren, hat die Firma Novartis Gespräche mit dem Verwaltungsrat von Roche aufgenommen, um den Rückkauf und die Annullierung von 53,3 Millionen Roche-Aktien zu veranlassen. Dadurch würde sich die Beteiligung der Kläger, die 45,01 % der Stimmrechte[...]

Übermittlung von Kundendaten in die USA

Verurteilung eines Vermögensverwalters

Die direkte Übermittlung von Kundendaten über den Atlantik durch einen Vermögensverwalter im Rahmen des Steuerstreits zwischen der Schweiz und den USA stellt eine unerlaubte Handlung für einen fremden Staat dar, die nach Art. 271 Ziff. 1 StGB strafbar ist. So entschied das Bundesgericht in einem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 1 November 2021 (6B_216/2020). Es ist das zweite Mal, dass sich die Richter von Mon Repos mit dieser Angelegenheit befassen. Die „erste Runde“ konzentrierte sich auf die Frage des subjektiven Tatbestands[...]

Begrenzung des versicherten Risikos

Vom Rückkauf eines amerikanischen Investmentfonds bis zu einem Versicherungsstreit in der Schweiz

In einem kürzlich ergangenen Urteil, das sich insbesondere mit der Auslegung eines Versicherungsvertrags befasste, musste das Bundesgericht den Umfang des versicherten Risikos im Lichte der Begriffe „primäre Begrenzung“ und „sekundäre Begrenzung des Risikos“ bestimmen (BGer 4A_72/2021 vom 28. September 2021). Eine Schweizer Holding erbringt über ihre Tochtergesellschaften Finanzdienstleistungen, darunter eine amerikanische Tochtergesellschaft. Um sich gegen Haftungsrisiken im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit abzusichern, schloss die Holding für sich und ihre Tochtergesellschaften einen Haftpflichtversicherungsvertrag mit einem englischen Versicherer ab. Im Jahr 2013[...]