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Jurisprudence

Haftung

Eine hochriskante Vermögensverwaltung geht schief

In seinem Urteil 4A_263/2021 analysiert das Bundesgericht die Haftung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft nach Art. 55 OR. Diese hatte einen Vermögensverwalter als externen Manager eingestellt, der eine riskante Anlagestrategie verfolgte. Diese führte zu erheblichen Verlusten für den Kunden. Im März 2008 eröffnete der Kunde ein Konto bei einer ersten Schweizer Bank und vertraute die Verwaltung seines gesamten Vermögens einem auf Derivate spezialisierten Trader (Händler) an. Im Mai 2008 erlitt der Kunde erhebliche Verluste. Nach Angaben des Vermögensverwalters waren diese auf einen Defekt[...]

Internationale Sanktionen

Verweigerung der Ausführung einer Kundenanweisung

In einem Urteil vom 6. August 2021 (4A_659/2020) hat das Bundesgericht die Fälle präzisiert, in denen sich eine Bank auf internationale Sanktionen berufen kann, die in der Schweiz nicht anerkannt sind, um die Ausführung einer Kundenanweisung zu verweigern. Am 6. August 2013 eröffnet eine panamaische Gesellschaft ein Bankkonto bei einer Schweizer Bank. An der Spitze der Beteiligungskette der Gesellschaft steht Herr Viktor Vekselberg, der die Gesellschaft indirekt kontrolliert. Darüber hinaus gibt die Gesellschaft an, dass Herr Viktor Vekselberg der wirtschaftlich[...]

Öffentliche Übernahmeangebote

Die Wiederherstellung der Angebotspflicht, eine fortdauernde Rechtsunsicherheit

Am 4. November 2021 erließ die Übernahmekommission eine Verfügung 795/01, in der der Aktionärsgruppe der Familie Hoffmann (im Folgenden: die Antragsteller) im Rahmen eines geplanten Rückkaufs eigener Aktien, die von Novartis gehalten werden, eine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt wurde. Um ihre Beteiligung zu reduzieren, hat die Firma Novartis Gespräche mit dem Verwaltungsrat von Roche aufgenommen, um den Rückkauf und die Annullierung von 53,3 Millionen Roche-Aktien zu veranlassen. Dadurch würde sich die Beteiligung der Kläger, die 45,01 % der Stimmrechte[...]

Übermittlung von Kundendaten in die USA

Verurteilung eines Vermögensverwalters

Die direkte Übermittlung von Kundendaten über den Atlantik durch einen Vermögensverwalter im Rahmen des Steuerstreits zwischen der Schweiz und den USA stellt eine unerlaubte Handlung für einen fremden Staat dar, die nach Art. 271 Ziff. 1 StGB strafbar ist. So entschied das Bundesgericht in einem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 1 November 2021 (6B_216/2020). Es ist das zweite Mal, dass sich die Richter von Mon Repos mit dieser Angelegenheit befassen. Die „erste Runde“ konzentrierte sich auf die Frage des subjektiven Tatbestands[...]

Begrenzung des versicherten Risikos

Vom Rückkauf eines amerikanischen Investmentfonds bis zu einem Versicherungsstreit in der Schweiz

In einem kürzlich ergangenen Urteil, das sich insbesondere mit der Auslegung eines Versicherungsvertrags befasste, musste das Bundesgericht den Umfang des versicherten Risikos im Lichte der Begriffe „primäre Begrenzung“ und „sekundäre Begrenzung des Risikos“ bestimmen (BGer 4A_72/2021 vom 28. September 2021). Eine Schweizer Holding erbringt über ihre Tochtergesellschaften Finanzdienstleistungen, darunter eine amerikanische Tochtergesellschaft. Um sich gegen Haftungsrisiken im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit abzusichern, schloss die Holding für sich und ihre Tochtergesellschaften einen Haftpflichtversicherungsvertrag mit einem englischen Versicherer ab. Im Jahr 2013[...]

Strafverfahren

Vorzeitige Verwertung beschlagnahmter Krypto-Assets

In einem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil 1B_59/2021 vom 18. Oktober 2021 äussert sich das Bundesgericht erstmals zum Vorgehen der Strafbehörden bei der vorzeitigen Verwertung beschlagnahmter Krypto-Assets. Im Kanton Zürich wird gegen Alexis ein Strafverfahren wegen Geldwäscherei (Art. 305bis StGB) eröffnet. Im September 2019 beschlagnahmt die Staatsanwaltschaft Krypto-Assets des Beschuldigten, die bei der B. AG hinterlegt sind, zur Einziehung. Ein Jahr später erlässt die Strafverfolgungsbehörde eine Verfügung mit folgendem Tenor: B. SA wird angewiesen, die Krypto-Assets nach Rechtskraft des Urteils auf[...]

E-Forex Trading

Das Ende des Kursuntergrenze und der nicht ausgeführte Stop-Loss

Ist der Kunde, der online trading betreibt, ein Verbraucher? Ist die Bank, die einen Stop-Loss-Auftrag bei illiquidem Markt nicht sofort ausführen kann, für die Verluste des Kunden verantwortlich? In seinem Urteil 4A_54/2021 befasst sich das Bundesgericht mit diesen beiden Fragen, entscheidet aber nur eine davon. Im Jahr 2014 nutzt ein Kunde mit einer gewissen Erfahrung im Finanzbereich die IT-Plattform einer Waadtländer Bank, um auf die Veränderung des EUR/CHF-Kurses zu spekulieren. Der E-Forex-Vertrag, der akzeptiert werden muss, um Zugang zur Plattform[...]

Beschlagnahme unrechtmässiger Gewinne durch die FINMA

Zwischen Präzedenzfällen und Kasuistik

In einem Urteil vom 19. August 2021 (2C_530/2020) erinnerte das Bundesgericht an die Grundsätze für die Berechnung des beschlagnahmbaren Gewinns im Sinne von Art. 35 FINMAG. Eine von der FINMA als Verwalterin von kollektiven Kapitalanlagen im Sinne des KAG zugelassene Aktiengesellschaft X (die Zulassung ist seit der Übertragung der entsprechenden Bestimmungen vom KAG in das Finanzdienstleistungsgesetz als Verwalterin von Kollektivvermögen bekannt) hatte mit einer in Genf ansässigen Aktiengesellschaft Y Geschäftsvermittlungsverträge abgeschlossen. Der Gründer der Gesellschaft Y wurde am 8. Februar[...]

Korruptionsbehafteter Vertrag

Hat der Vermittler das Recht, sein Honorar zu behalten ?

In einem Urteil 6B 379/2020 zur Veröffentlichung legt das Bundesgericht die Bedingungen dar, unter denen das Honorar des Vermittlers im Rahmen eines Korruptionsplans beschlagnahmt werden kann (Art. 70 und 71 StGB). Die brasilianischen und schweizerischen Strafverfolgungsbehörden führten jeweils ein Verfahren gegen Alexis, einen Vermittler im Rahmen der Vergabe von Betriebsverträgen durch Petrobras an B. Inc. und C. BV. mit einem geschätzten Gesamtwert von 2.680.000.000 USD. Auf Veranlassung der Direktoren des staatlichen Unternehmens zahlten B. Inc. und C. BV. ihnen Bestechungsgelder[...]

Bankgarantien

Der Genfer Gerichtshof erkennt einen Fall missbräuchlicher Berufung an

In einer Entscheidung vom 24. November 2020 (ACJC/1653/2020) hat der Genfer Gerichtshof über die Gültigkeit einer Zahlungsaufforderung im Rahmen einer Bankgarantie entschieden. Die Besonderheit des Urteils besteht darin, dass die Forderung nicht vom Begünstigten selbst, sondern von einem Drittübernehmer stammte, der später mit dem Auftraggeber fusionierte. Das Gericht kam im Wesentlichen zu dem Schluss, dass die Inanspruchnahme der streitigen Garantie nicht nur formal nicht konform, sondern auch missbräuchlich war. Der zumindest verworrene Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen: D („Auftraggeber“)[...]

Kreditkarte

Missbrauch durch den Arbeitnehmer

Begeht ein Arbeitnehmer, der eine Firmenkreditkarte für private Zwecke verwendet, einen Vertrauensmissbrauch zum Nachteil seines Arbeitgebers? Diese Frage beantwortet das Bundesgericht in einem Urteil 6B_701/2020 vom 11. Juni 2021 mit Ja. Eine Bank stellt einer Direktionssekretärin eine Kreditkarte auf ihren Namen und zur ausschließlichen Nutzung aus, damit sie ihre beruflichen Ausgaben selbstständig begleichen kann. Jeden Monat erhält die Mitarbeiterin einen Kontoauszug, dessen Richtigkeit sie überprüfen muss, bevor sie ihn zur Kontrolle und Genehmigung an ihren Vorgesetzten weiterleitet. Wenn sie ihre[...]

Bankverträge

Edelmetallrückerstattungsklage (Akt II)

In seinem Urteil 4A_223/2021 vom 26. August 2021 urteilt das Bundesgericht über eine Klage zum Schutz klarer Fälle bezüglich der Übergabe von 299 Unzen physischem Gold. Dieser Rechtsstreit führte bereits zu einem Urteil des Bundesgerichts, das die Sache zur erneuten Entscheidung über die Anwendung der clausula rebus sic stantibus an das Obergericht des Kantons Aargau verwies (4A_263/2019 vom 2. Dezember 2019, kommentiert in cdbf.ch/1109/). Mit rechtskräftigem Urteil vom 14. April 2020 verurteilt das Kantonsgericht die Bank, die 299 Unzen Gold[...]

Datenschutz

Das Bundesgericht setzt dem Auskunftsrecht weiterhin Grenzen

Im Anschluss an ein erstes Urteil, in dem es einen Auskunftsantrag, der darauf abzielte, Informationen zu erhalten, die im Rahmen eines gegen den Antragsteller geführten Verfahrens verwendet werden sollten, als missbräuchlich beurteilt hatte (4A_277/2020 vom 18. November 2020), Das Bundesgericht setzt seine Rechtsprechung fort, die darauf abzielt, die Tragweite des Auskunftsrechts unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzgesetzes zu begrenzen (BGE 147 III 139). Dieses Urteil wurde zwar in einem sehr spezifischen Kontext gefällt, bietet aber dennoch interessante Erkenntnisse, insbesondere für Banken,[...]

Bankgarantien

Die ICC veröffentlicht einen Leitfaden zur Anwendung der RUGD 758

Zehn Jahre nach Inkrafttreten der Einheitlichen Richtlinien für die Bürgschaftsleistung auf Anforderung (RUGD, ICC-Veröffentlichung Nr. 758) veröffentlicht die Internationale Handelskammer im Jahr 2021 die International Standard Demand Guarantee Practice for URDG 758 (ISDGP, ICC-Veröffentlichung Nr. 814), die im März 2021 von der ICC Banking Commission verabschiedet wurden. Das Kompendium besteht aus einer Reihe von Praktiken („Best Practices“), die sich an internationalen Gepflogenheiten orientieren und die RUGD 758 ergänzen sollen. Der Text wird ausschließlich in englischer Sprache veröffentlicht. Wie die RUGD[...]

Schaden durch Bank

Börsenkursschwankungen und hypothetischer Gewinn

Wie kann man seinen Schaden nachweisen, wenn eine Bank den Auftrag zum Kauf von Aktien nicht ausführt? Das BGE 147 III 463 (Urteil des Bundesgerichts 4A_606/2020, zur Veröffentlichung bestimmt) bringt einige willkommene Klarstellungen. Ein Kunde beauftragt seine Bank, 25.000 Twitter-Aktien zum Preis von 25 USD bei ihrem Börsengang am 7. November 2013 zu erwerben. Die Bank bestätigt am 6. November den Kauf dieser Aktien. Am 11. November teilt die Bank dem Kunden jedoch mit, dass sie die Aktien nicht erwerben[...]

Bankverträge

Rechtzeitig reagieren oder Ansprüche verlieren

Kann sich ein Kunde, dem eine Bank mitteilt, dass sie seine Wertpapiere liquidieren wird, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist reagiert, im Nachhinein über die Liquidierung seiner Wertpapiere beschweren? Das Bundesgericht befasst sich in seinem Urteil 4A_354/2020 vom 5. Juli 2021 mit dieser Problematik. Ein mexikanischer Staatsbürger verfügt seit 2006 über ein Bankkonto in Genf. Im Jahr 2010 ändert die Bank ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sodass sie die Vertragsbeziehungen jederzeit mit sofortiger Wirkung und ohne Angabe von Gründen beenden kann.[...]

Prospekthaftung

Nicht kausale Unterlassung

Hintergrund Der Fall betrifft fünf Investoren, die bei der Gründung bzw. bei späteren Kapitalerhöhungen Aktien (nicht börsennotiert) einer Aktiengesellschaft gezeichnet haben. Sie sind der Ansicht, durch unrichtige Angaben im Emissionsprospekt, auf dessen Grundlage sie ihre Anlageentscheidung getroffen haben, getäuscht worden zu sein. Sie erheben beim Handelsgericht eine Zivilklage gegen verschiedene Personen und Körperschaften, die an der Erstellung bzw. Verbreitung des strittigen Prospekts beteiligt waren, und fordern von ihnen gesamtschuldnerisch Schadensersatz, insbesondere auf der Grundlage von Art. 752 aOR (anwendbar auf[...]

Ungetreue Geschäftsbesorgung

Untreue gegenüber der Unternehmensgruppe ?

In einem Urteil 6B_103/2021 vom 26. April 2021 befasst sich das Bundesgericht erneut mit der Klagebefugnis der Holding einer Unternehmensgruppe, deren Tochtergesellschaft Opfer von Handlungen ungetreuer Geschäftsführung (Art. 158 StGB) wurde. Der Sachverhalt ist relativ komplex, lässt sich aber wie folgt zusammenfassen: Die A SA ist die Genfer Holding der im Pharmabereich tätigen Unternehmensgruppe A. C und E sind Aktionäre und Verwaltungsratsmitglieder. Die Holding ihrerseits hält die ebenfalls in Genf ansässige B SA und die F SARL, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung[...]

Haftung börsennotierter Unternehmen

EuGH schränkt Forum Shopping für Anlegerklagen ein

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 12. Mai 2021 ein Urteil gefällt, in dem er die Gerichtsstände nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Brüssel Ia (Brüssel Ia-VO) für Anlegerklagen einschränkt. Nach Auffassung des EuGH können für diese Streitigkeiten nur die Gerichte des Staates angerufen werden, in dem eine börsennotierte Gesellschaft ihren gesetzlichen Informationspflichten nachkommen muss (C-709/19). Im vorliegenden Fall hatte die Vereniging van Effectenbezitters (VEB), eine niederländische Aktionärsvereinigung, vor den Gerichten in Amsterdam gegen die Gesellschaft British Petroleum (BP)[...]

Rechenschaftspflicht

Welches Recht auf Information ?

In seinem Urteil 4A_599/2019 befasst sich das Bundesgericht mit einer Forderung eines Kunden nach Rechenschaftsablegung gegen seine Bank nach dem Auftreten eines Rechtsstreits über eine Margin-Forderung. Im November 2010 eröffnete der Kunde ein Konto bei einer Schweizer Bank, um sein Vermögen mit Hilfe von Devisengeschäften und dem Kauf und Verkauf von Optionen auf Währungen und Edelmetalle zu investieren. Er erhielt von der Bank einen Kredit und unterzeichnete unter anderem einen Generalpfandvertrag. Nach der Aufhebung des Mindestkurses durch die SNB am[...]